Sogar den Bischöfen werden ausdrücklich solche Wort-Gottes-Feiern ans Herz gelegt „vor allem an den Vorabenden der höheren Festtage, an einigen Werktagen im Advent und in der österlichen Bußzeit sowie an Sonntagen und Festtagen“ (Zeremoniale für die Bischöfe 1998, Nr. 223). Es sollte selbstverständlich sein, dass diese Wort-Gottes-Feiern nicht mit einer Kommunion-Austeilung verbunden werden. Anders ist es natürlich, wenn in Altenheimen und Krankenhäusern die Krankenkommunion ausgeteilt wird und alle, die nicht an ihr Zimmer gebunden sind, sich dazu in der Hauskapelle oder einem anderen geeigneten Raum versammeln. Dann ist es wünschenswert, dass die Krankenkommunion mit einem Wortgottesdienst verbunden wird, der in seiner Gestalt einer selbstständigen Wort-Gottes-Feier gleichen kann. Natürlich darf diese Wort-Gottes-Feier nicht die Austeilung der Kommunion ersetzen, die der konkrete Anlass zur gottesdienstlichen Versammlung ist.
Während bei den genannten beiden Feieranlässen klare Antworten möglich sind, wurde in den letzten Jahren zunehmend kontrovers diskutiert, ob bei Wort-Gottes-Feiern, die am Sonntag gefeiert werden, wenn eine Messfeier nicht möglich ist, die Kommunion ausgeteilt werden soll.
Kommunionfeiern am Sonntag
Schon zur Zeit der DDR war es in der dortigen Diaspora vielen Katholiken nicht möglich gewesen, an einer Sonntagsmesse teilzunehmen. Um die Gemeinden aber zusammenzuhalten und im Glauben zu stärken, fanden in kleineren Ortschaften eigene Stationsgottesdienste statt, deren Akzeptanz deutlich stieg, als es 1965 möglich wurde, bei diesen Feiern auch die Kommunion auszuteilen. Die Kommunion brachten sogenannte Diakonatshelfer, die die konsekrierten Hostien zuvor in der Messfeier der Pfarrgemeinde erhalten hatten. So wurde die zentrale sonntägliche Eucharistiefeier auf viele Christen ausgeweitet, die selbst nicht persönlich teilnehmen konnten.
Als in den 1970er Jahren auch in Diözesen Westdeutschlands nicht mehr an allen bisherigen Gottesdienststellen am Sonntag die Messe gefeiert werden konnte, versammelte man sich dort zu selbstständigen Wortgottesdiensten, die später als „Wort-Gottes-Feiern“ bezeichnet wurden und – nach den positiven Erfahrungen in Ostdeutschland – in aller Regel mit der Austeilung der Kommunion verbunden wurden. Dabei konnten Hostien aus dem Tabernakel ausgeteilt werden, die in früheren Messfeiern konsekriert worden waren.
Bei dieser Praxis in Ost und West wurde die eigentlich gewünschte Messfeier, die aus Wortgottesdienst und Eucharistiefeier aufgebaut ist, durch eine sonntägliche Feier ersetzt, die aus Wortgottesdienst und Kommunionfeier bestand. Diese Praxis wurde ausdrücklich 1988 im Direktorium „Sonntäglicher Gemeindegottesdienst ohne Priester“ (VApS 94) als legitim herausgestellt (Nr. 20).
Je mehr aber solche sonntäglichen Wort-Gottes-Feiern nicht mehr seltene Ausnahmen waren, sondern für manche Pfarreien oder Kirchen zum Normalfall wurden, umso mehr wuchs die Sorge, dass der wesentliche Unterschied zur Messfeier und die Ersatzfunktion solcher Sonntagsgottesdienste nicht mehr wahrgenommen wurden. Gleichzeitig stellte sich die Frage, ob die Eigenwürde der Verkündigung und Feier des Wortes Gottes nicht verdunkelt wird, wenn die WortGottes-Feier mit einer Kommunionfeier verbunden und für viele erst dadurch ein richtiger Gottesdienst oder zumindest „wertvoller“ wird.
Kommunionausteilung in der Diskussion
Aufgrund der liturgietheologischen Bedenken und pastoraler Sorgen versuchten manche, die Austeilung der Kommunion bei Wort-Gottes-Feiern zurückzudrängen oder sogar zu verbieten. So formulierten die deutschen Bischöfe in ihrer Rahmenordnung „Zum gemeinsamen Dienst berufen“ zunehmend restriktiver und stellten die Kommunionausteilung bei einer Wort-Gottes-Feier am Sonntag als Ausnahme heraus, die nur „aus besonderen Gründen“ möglich und an die „Zustimmung des Ortsbischofs“ gebunden ist (vgl. Die deutschen Bischofe 62, Nr. 36: 10. Aufl. 2010, S. 32). Das Gotteslob aus dem Jahr 2013 erwähnt die Möglichkeit überhaupt nicht mehr.
Nun sind die erwähnten Sorgen nicht von der Hand zu weisen. Die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts geförderte Wertschätzung der Kommunion hat offensichtlich nicht zu einer umfassenden Eucharistiefrömmigkeit geführt, die von der Anteilnahme an der Lebenshingabe Jesu bestimmt ist. Deshalb ist es dringend, eine umfassende Eucharistiespiritualität zu fördern. Es geht in der Messfeier nicht nur um die (somatische) Realpräsenz des Leibes und Blutes Christi und um die Präsenz der Person des Herrn, sondern auch um die Aktualpräsenz seines Todes und seiner Auferstehung, also um das, was mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil „Paschamysterium“ genannt wird. Eine tiefere eucharistische Frömmigkeit, die am Vollzug des Hochgebetes anknüpfen kann, zielt auf Anteilhabe an dieser Dynamik des Heilswerkes Christi. Sie überschreitet die Offenheit für die Zuwendung Gottes, die im Hören des Wortes Gottes und im Empfang des Sakramentes dichten Ausdruck findet, auf die aufsteigende Antwort der Gläubigen, die in Anbetung und Verehrung Gottes, aber vor allem auch in der danksagenden Darbringung konkret wird. Aber ist das Verbot der Kommunionausteilung ein angemessener Weg, um eine solche umfassendere Messspiritualität zu fördern?
Can. 918 CIC empfiehlt mit Nachdruck, dass die Gläubigen die Kommunion innerhalb der Messfeier empfangen. Ausdrücklich aber heißt es dann: „wenn sie jedoch aus gerechtem Grund darum bitten, ist sie ihnen außerhalb der Messe zu spenden“. Das Vorliegen eines gerechten Grundes ist nach dem kanonischen Recht eine relativ niedrige Hürde. Wenn Katholiken am Sonntag an der Teilnahme an der Messfeier gehindert sind, ist dies sicher ein gerechter Grund. Ein prinzipielles Verbot der Kommunionspendung an sie ist nicht zu begründen, zumal in der Alten Kirche die Gläubigen sogar die eucharistischen Gaben am Sonntag mitnehmen durften, um an den folgenden Tagen zu Hause kommunizieren zu können.
Die Sorge, dass die am Sonntag eigentlich geforderte und mögliche Mitfeier der Messe durch die Teilnahme an einer Wort-Gottes-Feier mit Kommunionfeier ersetzt wird, erledigt sich nicht durch das Verbot der Kommunionausteilung in einer sonntäglichen Wort-Gottes-Feier. Sie verlangt mehr Bemühungen, eine vertiefte Messfrömmigkeit zu fördern, die sich in der Sehnsucht nach der Messfeier niederschlägt und sich am Sonntag nicht mit anderen gottesdienstlichen Feiern so einrichtet, dass der Mangel nicht mehr empfunden wird.
Defizite
Dass eine solche Messfrömmigkeit heute vielfach ein Desiderat ist, hat vermutlich viele Ursachen. Die Wiederentdeckung, dass zur Feier der Eucharistie wesentlich das Essen (und Trinken) gehört, hat andere Dimensionen in den Hintergrund treten lassen. Falsche und destruktive Aspekte des Opferverständnisses haben die Rede vom Messopfer schwieriger gemacht. Doch hat die Messopferfrömmigkeit früherer Zeiten mit ihrem engen Bezug zum Kreuz Jesu eine wichtige Dimension wachgehalten, die heute weniger präsent ist. Deshalb ist es eine große Herausforderung, vom Opfercharakter der Messe heute so zu sprechen, dass dies in positiver Weise die Spiritualität der Christen prägen kann.
Defizite gibt es allerdings auch in der Praxis der Messfeier. Der enge Zusammenhang zwischen Messfeier und Kommunion soll sich schon nach den Päpsten Benedikt XIV. 1742 (Enzyklika „Certiores effecti“) und Pius XII. 1947 (Enzyklika „Mediator Dei“) darin niederschlagen, „dass die Gläubigen, so wie es auch der Priester selbst zu tun hat, den Leib des Herrn von den Hostien empfangen, die in derselben Messe konsekriert worden sind“ (GORM 85). Dass dies nicht überall selbstverständlich ist, sondern in vielen Kirchen regelmäßig bei der Kommunion (auch) konsekrierte Hostien aus dem Tabernakel ausgeteilt werden, trägt dazu bei, den inneren Zusammenhang von Messfeier und Kommunion zu verdunkeln.
Anlässe und Kriterien
Allerdings sind die Wort-GottesFeiern keine gleichrangige Alternative zur sonntäglichen Messfeier. Denn am Sonntag – so ist es die Überzeugung der Kirche durch die Jahrhunderte und auch im Zweiten Vatikanischen Konzil – „müssen die Christgläubigen zusammenkommen, [nicht nur] um das Wort Gottes zu hören, [sondern auch um] an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken“ (SC 106). Deshalb kann am Sonntag eine Wort-Gottes-Feier nur dann an die Stelle der Messfeier treten, wenn die Eucharistie nicht gefeiert werden kann und eine Teilnahme an einer anderen Messfeier der konkreten Feiergemeinde nicht möglich ist. Zu klären ist deshalb, unter welchen Umständen solche WortGottes-Feiern in Pfarrund Filialkirchen angemessen sind.
Ein wichtiges Kriterium ist, wo – auch nach dem Urteil des Bischofs – auf Dauer Gemeinde regelmäßig am Sonntag zusammenkommen soll, um dort die Messe zu feiern. Dies ist unter Berücksichtigung aller ekklesiologischen und soziologischen, pastoralen und ökonomischen Gesichtspunkte zu klären. An solchen Orten wird es sinnvoll sein, dass dort auch dann die Gemeinde sich zum Gottesdienst versammelt, wenn eine Messfeier nicht möglich ist. Dass solche Gottesdienste an den Orten nicht möglich sind, an denen zu einer anderen Zeit desselben Sonntags eine Messe gefeiert wird, hat die Kongregation für den Gottesdienst schon 1988 im oben genannten Direktorium (Nr. 21) zu Recht herausgestellt.
Ein Gottesdienst, der an die Stelle der Messfeier tritt, kann die Form der Vesper, der Laudes oder einer Wort-Gottes-Feier haben, im Einzelfall aber vielleicht auch eine Andacht sein. Natürlich muss dieser Gottesdienst nicht mit einer Kommunionfeier verbunden werden. Aber wenn die Feiernden vor Ort den Wunsch haben, am Sonntag die Kommunion zu empfangen, gerade weil sie nicht an der Messe teilnehmen können, muss eine Verweigerung als klerikale Bevormundung wahrgenommen werden. Auch berechtigte Sorgen um das gottesdienstliche Leben der Kirche, um die Wertschätzung der Messfeier und des Wortes Gottes berechtigen nicht, den Gläubigen das Recht vorzuenthalten, aus einem gerechten Grund auch außerhalb der Messfeier die Kommunion zu empfangen.
Feierkonsequenzen
Wenn am Sonntag eine WortGottes-Feier mit der Austeilung der Kommunion verbunden wird, dürfen nicht die theologischen und pastoralen Bedenken oder gar die subjektiven Vorbehalte des Pfarrers oder anderer Verantwortlicher dazu führen, dass die Austeilung der Kommunion möglichst formlos und damit lieblos erfolgt. Die Ehrfurcht vor der Gegenwart des Herrn in den eucharistischen Gestalten und die Sorge um den fruchtbaren Empfang der Kommunion verlangen Bemühungen, dass die Austeilung der Kommunion harmonisch und dem gottesdienstlichen Geschehen angemessen mit der Wort-Gottes-Feier verbunden wird. Problematisch wäre es, den Übergang zur Kommunionausteilung mit einem Eucharistielob zu gestalten, das in Form und Inhalt an das Eucharistische Hochgebet erinnert und damit die Differenz der Feiern überspielt. Sinnvoll aber ist es, einen Moment der Anbetung und Ausdrucksformen der Verehrung vorzusehen, nachdem der Tabernakel geöffnet wurde. Eucharistische Anrufungen oder eine Litanei, Gebets- und Betrachtungsimpulse können helfen, nach der Begegnung mit dem Herrn im Wort Gottes sich bewusst auf die Begegnung mit ihm im Sakrament auszurichten. Der Unterschied zur Messfeier könnte manchmal schon dadurch akzentuiert werden, dass nicht der Altar, an dem sonst die Messe gefeiert wird, sondern der Aufbewahrungsort der Kommunion, also die Sakramentskapelle oder der (alte Hochaltar mit dem) Tabernakel, das Zentrum der Kommunionfeier bildet.
Vor allem aber muss der Zusammenhang der Kommunion mit der Messfeier im Bewusstsein bleiben und in der Feierpraxis Konsequenzen haben. Vorbildlich war in diesem Zusammenhang die – damals notwendige – Praxis der Diakonatshelfer in der DDR, die die konsekrierten Hostien in jedem Einzelfall aus der pfarrlichen Messfeier zu den Stationsgottesdiensten mitbrachten. Wenn heute die sonntäglichen Wort-Gottes-Feiern in der Regel in Kirchen gefeiert werden, in denen die Kommunion im Tabernakel aufbewahrt wird, sollte die innere Zuordnung der Kommunion zur Messfeier auf andere Weise konkret werden.
So könnte der Bischof die Erlaubnis zur Kommunionausteilung innerhalb der Wort-Gottes-Feier am Sonntag daran knüpfen, dass der oder die Gottesdienstbeauftragte (Leiter/in der Wort-Gottes-Feier oder beauftragte/r Kommunionhelfer/in) zuvor an einer Messfeier teilgenommen hat – entweder am Vorabend oder in der Frühe des Tages. Mit der eigenen Person stände er oder sie stellvertretend für all jene, die nicht an der heiligen Messe persönlich teilnehmen können, aber durch ihn oder sie damit verbunden sind, wenn sie in ihren Filialkirchen und Gottesdienstorten zur Feier des Wortes Gottes und zum Empfang der Kommunion zusammenkommen. Damit würde sich auch der Verdacht erledigen, dass solche Wort-Gottes-Feiern dazu instrumentalisiert werden, die Autonomie und Autarkie priesterloser Gemeinden und ihrer Seelsorger/innen zu fördern.
Ob so oder anders: Wo Gemeinde am Sonntag zusammenkommt, ohne die Messe feiern zu können, muss die Sehnsucht nach der Messfeier wachgehalten werden. Deshalb muss es ein Anliegen sein, dass der Ersatzcharakter anderer Gottesdienste und auch der mit ihnen verbundenen Kommunionausteilung im Bewusstsein bleibt.