Ein zentrales Kriterium für Erfolg oder Misserfolg ist häufig gar nicht bewusst. Es liegt verborgen in den unausgesprochenen Erwartungen, mit denen haupt- wie ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ans Werk gehen. Eine erste Medizin gegen Enttäuschung ist, sich die eigenen Ziele zunächst einmal bewusst und untereinander transparent zu machen. Man wird feststellen, dass die Zielsetzungen durchaus divergieren. Da gibt es Enthusiasten, die sich eine neue Bekehrung der Firmkandidaten wünschen und ihre Rückkehr in die Gemeinde, die 15 sich in einer fortan regen Teilnahme an den gemeindlichen Vollzügen, konkret: in den Gottesdiensten und in freiwilliger Mitarbeit, ausdrücken soll. Und es gibt jene, die von vorneherein „kleine Brötchen backen“ wollen und sich damit zufriedengeben, den jungen Menschen eine gute Zeit und ein positives Bild von Kirche zu vermitteln, ohne über deren konkrete Folgen in der christlichen Praxis spekulieren zu wollen. Erste Ergebnisse einer empirischen Studie im Erzbistum Köln lassen erkennen: Die meisten Katecheten/- innen sind durchaus ambitioniert, die Zielsetzungen freilich nüchtern-realistisch. Welche Zielsetzung man konkret verfolgt, hängt nicht zuletzt auch davon ab, was man unter Firmung versteht. Notwendig ist daher zunächst eine theologische Klärung – keine leichte Aufgabe.
Was ist die Firmung?
Die Frage nach Sinn und Wirkung der Firmung hat schon die Kirchenväter beschäftigt. Noch 1959 formuliert Adolf Adam, „daß die Lösung der pastoralen Fragen im Bereich der Firmung engstens mit dem Sinnverständnis dieses Sakramentes verknüpft ist“. Die Firmung spielt in dieser Zeit sowohl im Gemeindeleben wie in der Glaubensbiographie der Christinnen und Christen noch eine unscheinbare Rolle. Das ändert sich mit dem 1971 durch Paul VI. in Kraft gesetzten neuen Ritus der Firmung und der zeitgleich aufblühenden Gemeindekatechese. Die Firmung wird, neben der Erstkommunion, zum dominierenden katechetischen Handlungsfeld. Doch auch noch 1976 bemerkt Hans Küng: „Die Ratlosigkeit der Theologie bezüglich des Sakraments der Firmung ist seit langem besonders groß: Rätselhaft ist die Entstehung, wechselhaft der Ritus, widersprüchlich die Sinndeutung.“ An dieser Einschätzung ändern auch neuere theologische Abhandlungen wenig, dokumentieren sie doch eher diese Widersprüchlichkeit als dass sie diese auflösen könnten. Dennoch – ein Versuch:
Wer der Firmung auf die Spur kommen will, muss zur Kenntnis nehmen, dass die Suche nach ihrem Sinngehalt durch Veränderungen in der Praxis induziert wurden. Denn erst ab dem vierten/fünften Jahrhundert treten Taufe und Firmung zeitlich auseinander. Grund dafür ist die Ausbreitung der Kirche in weite Landstriche hinein. Dort taufen nun weitgehend die Priester, während die Bischöfe, zu Leitern größerer pastoraler Räume geworden, an ihrem Privileg festhalten, die in Rom übliche (und die unmittelbar nach der Wassertaufe bereits vorgenommene erste Salbung verdoppelnde) zweite postbaptismale Salbung zu spenden. Diese findet aufgrund der seltenen Bischofsbesuche in einem gewissen zeitlichen Abstand zur Taufe (oder auch gar nicht mehr) statt: Die im Kontext einer Gesamthandlung (Taufe) vorgenommene bischöfliche Handauflegung und Salbung, die im Laufe der Zeit zu einer Stirnbezeichung (consignatio) schrumpft, wird zu einem eigenen Sakrament. Mit welcher Wirkung und zu welchem Zweck? Zur Stärkung, wie spätestens seit der frühmittelalterlichen Predigt „Advertamus“ (erste Anzeichen lassen sich auch schon in der Traditio Apostolica aufspüren) immer wieder betont wird, und zur noch engeren Bindung an die Kirche, wie das Zweite Vatikanische Konzil im Anschluss an Thomas von Aquin festhält (Lumen Gentium 11; vgl. can. 879 CIC/1983) – beides jedoch immer in engem Bezug zur in der Taufe empfangenen Gnade.
Ohne Taufe daher keine Firmung. Ohne Leben im Glauben keine Stärkung desselben und keine engere Verpflichtung zum christlichen Zeugnis in der Welt. Gerade hierin zeigt sich, dass die (Firm-) Katechese vielerorts nicht auf den Grundlagen aufbauen kann, die sie eigentlich erfordert. Die derzeit im Erzbistum Köln unternommene Befragung lässt erkennen, dass die Mehrheit der Firmkandidaten auch gar keine engere Bindung an die Kirche anstrebt oder zu einem noch wirksameren Zeugnis in der Welt bereit ist. Denn zumeist ist ihnen die Bedeutung des Glaubens für ihren eigenen Lebenslauf gar nicht klar. Vielmehr ist die Glaubensbiographie in vielen Fällen nach der Taufe nicht weitergeführt worden. Noch häufiger wohl brach sie mit dem Ende der Kindheit ab.
Neuere Vorschläge
Bei dieser Problematik helfen weder Konzepte, die die Firmung zeitlich näher an die Taufe und vor den Empfang der Erstkommunion verschieben wollen (z. B. in den Diözesen Denver, Fargo und Liverpool) noch Vorschläge, welche eine mystagogische Vertiefung nach der Firmfeier vorsehen.
Eine frühere Firmung scheint verlockend: Die Teilnahmequote ist sicher höher. Und auch theologisch gilt: Ursprünglich schließt die Eucharistie die Initiationsfeier ab. So ist es bis heute Praxis bei der Erwachsenentaufe oder in den Ostkirchen. Auch die Konfirmation ist hier in ihrem Sinngehalt klarer als die Firmung, weil durch die mit ihr verbundene Zulassung zum Abendmahl ein erlebbarer Zuwachs an Gliedschaftsrechten verbunden ist. Freilich: Die Probleme in der Praxis löst diese Idee allenfalls dadurch, dass die Firmkatechese sich nun an Kinder, eine nach hinten verschobene Erstkommunionkatechese sich nun an Jugendliche richtet. Auch mystagogische Konzepte stehen vor der Herausforderung einer differenzierten Praxis, die für sehr heterogene Teilnehmergruppen das Verständnis dafür wecken will, was sich in der Firmung eigentlich ereignet hat.
Firmung als Sendung im Jugendalter?
Zwar betont das kirchliche Gesetzbuch, dass die Firmung nicht zu weit hinausgeschoben oder gar versäumt werden dürfe (vgl. can. 842.890 CIC), dennoch ist der Tatsache ins Auge zu sehen, dass es längst in der Kirche Christen mit einem unterschiedlichen Grad der Zugehörigkeit gibt. Entspräche es nicht den unterschiedlichen Glaubensbiographien der Menschen heute, zu akzeptieren, dass es Christen gibt, die zur Kirche gehören, ohne volle Gliedschaftsrechte und -pflichten in Anspruch zu nehmen, zumal auch kirchenrechtlich mit der Firmung kaum ein faktisches Mehr an Rechten oder Pflichten verbunden ist? Entspräche es nicht auch der derzeitigen liturgischen Akzentuierung (Anwesenheit des Bischofs, Bekenntnis vor der versammelten Gemeinde), die Firmung als Sendung zum Apostolat zu verstehen (vgl. LG 33; AA 3) und die Katechese dementsprechend zu profilieren und jenen anzubieten, die dazu bereit und in der Lage sind? Dazu gehört selbstverständlich, den längst überholten Gedanken einer jahrgangsweisen Firmung aufzugeben.
Der Aspekt der Sendung und Beauftragung wohnt freilich auch der Taufe inne. Insofern bringt die Firmung nichts grundlegend Neues hinzu. Diese Spannung gilt auch für die Rede von der Geistmitteilung. Wirksam mitgeteilt wird der Geist Gottes in beiden Sakramenten und nicht erst, wenn der Bischof zur Firmung kommt. Es geht bei der Feier der Firmung um keinen anderen Geist als jenen, durch dessen Kraft bei der Taufe neues Leben geschenkt wird. Kein anderer Geist ist es, der bei der Trauung für die sakramentale Verbindung der Eheleute angerufen wird, kein anderer Geist, dessen Kraft bei der sakramentalen Beauftragung (Weihe) erfleht wird, kein anderer, durch dessen Kraft der Kranke sein Bekenntnis zu Gott erneuert, kein anderer Geist, der den Sünder zur Umkehr führt. Insofern gilt für alle Sakramente und somit auch für die Firmung: keine zweite Tranche Geist, sondern vielmehr die Erinnerung daran, dass Gottes Geist im Christen bereits wirkt. Daran zu erinnern ist sinnvoll, wenn im christlichen Lebenslauf ein Wendepunkt geschieht. So eben, wenn der Christ bzw. die Christin das Bekenntnis erneuert, weil er bzw. sie sich des Wirkens des Geistes gewahr geworden ist und aufgrund dessen sich mit der Firmung senden lässt, als Christ/Christin in Kirche und Welt zu wirken.
Die Aufgabe der Firmkatechese – Aufspüren des Heiligen Geistes
Konsequenterweise müsste Firmung also verstanden werden als Erinnerung an das Wirken des Heiligen Geistes seit der Taufe, als bewusste Erneuerung eines Zugehörigkeitsverhältnisses und der damit verbundenen Sendung, mit der sich die Bitte verbindet, weiterhin diese Kraft Gottes im eigenen Leben zu spüren. Katechetische Konzepte hätten diesbezüglich einen größeren Schwerpunkt auf das Aufspüren des Heiligen Geistes zu legen: in der bewussten Wahrnehmung des eigenen Lebenslaufs und des eigenen, manchmal auch banalen Alltags, der, mit den Augen des Glaubens betrachtet, seine mystische Qualität offenbart. Es müsste darum gehen, Lebens- und Alltagserfahrungen zu machen, um sie mit dem christlichen Deutungsangebot in Verbindung zu bringen. Das christliche Glaubensangebot ist nur da plausibel, wo Menschen es ganz konkret in ihrem Alltag erfahren. Die Kraft des Heiligen Geistes aufspüren hieße auch weniger erklären, weniger reden als – zunächst – Gott in der Stille, im Erleben des eigenen Körpers, im Erleben von Natur und Gruppe Raum zu geben. Das deutende, verstehende Gespräch darf dann folgen.
Neue Orte von Gemeinde und Mentoring in der Katechese
Eine solche Katechese benötigt Lernorte, die solche Entdeckungen möglich machen. Firmkatechese kann nur im Kontext einer lebendigen Gemeindepastoral gelingen. Ein Blick in die Praxis beweist: Dort, wo junge Menschen Gemeinde als lebens- und glaubenswert entdecken, wo sie möglicherweise längst in ihr beheimatet sind und das Gemeindeleben – wenn auch auf ihre Weise – mittragen, scheint Firmvorbereitung eine für alle Beteiligten erfolgreiche Sache zu sein. Im Umkehrschluss lassen sich viele frustrierende Erfahrungen darauf zurückführen, dass die gefirmten jungen Menschen die Gemeinde nicht als (neuen) Lebens- und Glaubensraum (wieder-)entdecken, sondern ihr vielmehr fernbleiben. Dazu mag auch die in vielen Bistümern vorgenommene Zusammenlegung kleinerer Pfarreien zu großräumigeren pastoralen Bereichen nicht unwesentlich beitragen. Ansatz und Methode der Gemeindekatechese lassen sich nicht beliebig auf größere Räume übertragen, vielmehr wäre zu beachten: Think global – act local!
Oftmals lässt auch das konkrete Erscheinungsbild einer Gemeinde es gar nicht ratsam erscheinen, jungen Menschen die Teilnahme an ihren religiösen Vollzügen zu empfehlen. Im Zeitalter einer weitgehend durch die Ästhetik bestimmten Wahl der eigenen Zugehörigkeit wird man davon sprechen müssen, dass hier Milieus schlicht inkompatibel sind. Katechese ist aber ohne Gemeinde nicht denkbar. Und so ist es höchste Zeit, nach neuen Formen der Gemeindebildung, insbesondere unter jungen Menschen zu suchen, bzw. es sind diese zu ermöglichen. Dies kann eine Jugendkirche sein, wie sie in vielen Bistümern entstanden ist. Oder eine Jugendverbandsgruppe, die entdeckt, dass sie Gemeinde im Kleinen ist. Oder eine AG in einer Schule, die miteinander im Glauben unterwegs ist. Oder eine jugendliche Pilgergruppe. Es sind erste zaghafte Schritte zu erkennen, die Firmvorbereitung in Ergänzung zur Ortsgemeinde auch an solchen Orten durchzuführen, zumal für jene, die zu einem bestimmten Stichtag noch nicht bereit waren, die Firmung zu erbitten.
An allen Orten kann Katechese vom Gedanken der Mentorenschaft profitieren. Eine in anderen gesellschaftlichen Bereichen geübte Form der Begleitung in eine neue Aufgabe hinein, ist eigentlich das Grundmodell von Katechese: Ein im Leben und Glauben erfahrener Christ/Christin begleitet für eine gewisse Zeit einen jungen Menschen in das Leben und den Glauben hinein, gibt Anteil am eigenen Leben und Glauben, Suchen und Fragen – ganz einfach, ohne großen Aufwand, schlichtweg durch gemeinsam geteilte Zeit. Überlegen Sie einmal: Wie würden Sie einem Austauschschüler die deutsche Kultur näherbringen? Nicht anders kann und muss christliche Lebenskultur vorgestellt und gemeinsam entdeckt werden!