Die Leute wissen zu wenig“, so hört man in Kirchenkreisen immer wieder. Tatsächlich ist solcher Wissensschwund für einen Offenbarungsglauben, der als solcher inhaltsreich ist, fatal. Doch die Herausforderung, die in dieser Erkenntnis steckt, wird banalisiert, wenn sie nur auf die kognitive Vermittlung der Inhalte bezogen wird.
Jemand, der den Katechismus auswendig lernt, ist deshalb noch kein gläubiger Christ. Vielmehr geht es um das Bedeutsam-Werden der Inhalte und ihre lebenspraktische Umsetzung.
Das aber ist heute weitaus komplexer als in Zeiten, in denen der Glaube – gesellschaftlich gestützt – selbst-verständlich war. Hinzukommt, dass sich auch individuell das Leben permanent oder doch immer wieder grundlegend verändert und zwar gewollt und ungewollt. Wurde früher in der Schule für das Leben gelernt, so besteht heute Konsens darüber, dass in der Kindheit und Jugend allenfalls eine gute Grundlage gelegt werden kann, die jedoch lebenslang durch Weiterbildung ergänzt werden muss, wenn nicht gar ein ganz neuer Lernprozess nötig wird.
Es war daher überaus weitsichtig, dass das erste Direktorium für die Katechese schon 1971 feststellt: „Da sich die Katechese für Erwachsene an Menschen wendet, die zu einer vollen verantwortlichen Glaubensentscheidung fähig sind, ist sie die vorzügliche Form der Katechese, auf die alle anderen Formen, die sicher immer notwendig sind, gewissermaßen hingeordnet sind“ (AKD 20). Das aktuelle Direktorium übernimmt 1997 diesen Satz wörtlich und ergänzt: „Darum muß die Katechese der anderen Altersstufen sie zum Bezugspunkt haben und sich mit ihr über eine kohärente katechetische Planung der diözesanen Pastoral verständigen“ (ADK 59). In ähnliche Richtung weist auch Papst Johannes Paul II., wenn er 1979 in Catechesi Tradendae die Erwachsenenkatechese als „die hauptsächliche Form der Katechese“ (CT 43) bezeichnet. Ohne Erwachsenenkatechese entsteht die paradoxe Situation, dass mit Kindern und Jugendlichen (intensiv) eingeübt wird, was die Erwachsenengemeinde nicht lebt. Das ist derzeit vor allem beim Sakrament der Versöhnung der Fall.
Vorbereitung auf den Erstempfang eines Sakramentes statt Lebensbegleitung
Trotz aller Empfehlungen ist Erwachsenenkatechese in Deutschland kaum realisiert. Und das, obwohl auch die Würzburger Synode die Vision einer lebensbegleitenden Katechese entwickelt, die zudem an die Gemeinde rückgekoppelt und integraler Bestandteil ihres gesamten pastoralen Handelns sein sollte (daher Gemeindekatechese genannt). Demgegenüber blieb die aus der Schule in die Gemeinde verlagerte Katechese für Kinder und Jugendliche weitgehend auf den Erstempfang eines Sakramentes (Firmung und Eucharistie; Beichte ggf. als Anhang dazu) reduziert. Allenfalls wurde sie durch Elternabende ergänzt. Selbst wenn die Ansätze zur Familienkatechese erweitert waren, wurde in der praktischen Umsetzung nur selten die ganze Familie (Geschwisterkinder, Großeltern) einbezogen.
So ist Gemeindekatechese weithin eine Katechese zur Vorbereitung auf den Erstempfang eines Sakramentes geblieben. Sie ist damit weder echte Sakramentenkatechese, denn die müsste Menschen aller Lebensalter in ihrer je spezifischen Situation unterstützen, die Bedeutung des jeweiligen Sakramentes für sich zu ergründen. Noch konnte sich die Gemeindekatechese zu einer Katechese entwickeln, die Menschen über die Sakramente hinaus in unterschiedlichen Lebenslagen hilft, Inhalte des Glaubens für sich neu zu entdecken und fruchtbar zu machen. Wenn aber diese Verbindung von Leben und Glauben nicht hergestellt werden kann, wird der Glaube (spätestens im Erwachsenenalter) für das Leben irrelevant und verliert seine Alltagstauglichkeit.
Internationale Entwicklung: Intergenerationelle Katechese
So unterschiedlich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für Katechese und kirchliches Leben in europäischen und nordamerikanischen Ländern sind, die Lebensrelevanz christlichen Glaubens wird überall angefragt und zwar über Generationen- und Milieugrenzen hinweg. Dies dürfte ein Grund dafür sein, dass in diesen Ländern die Kinder- und Jugendkatechese immer mehr in die Kritik gerät und überall das Thema „Erwachsenenkatechese“ neu aufbricht. Im frankophonen wie auch im anglophonen Raum hat dies relativ unabhängig voneinander zur Entwicklung einer intergenerationellen Katechese geführt. Ein Konzept, das inzwischen auch in einigen deutschsprachigen Gemeinden umgesetzt wird.
Miteinander
Der Ansatz ist nicht nur arbeitsökonomisch (Erwachsenenkatechese muss nicht zusätzlich zu anderen Katechesen aufgebaut werden), sondern auch katechetisch höchst sinnvoll. Denn verschiedene Untersuchungen zeigen, dass Katechese umso nachhaltiger wirkt, je mehr unterschiedliche Lebenserfahrungen in den katechetischen Dialog eingebracht werden. Statt sich nur innerhalb der eigenen Alters- und Milieugruppe auszutauschen, wirkt das Erleben der unterschiedlich ak zentuierten Bedeutsamkeit des gleichen Glaubensinhalts verstärkend und dadurch nachhaltig. Kinder erleben, dass der Glaube nicht nur in ihrer Familie (wenn überhaupt) hochgeschätzt wird, sondern dass sich auch Menschen dafür interessieren, die nicht durch die Vorbereitung auf ein Sakramentenfest dazu veranlasst (manche würde sagen: gezwungen) sind.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die wachsende Zahl von Glaubens- Singles – von Menschen also, die in ihrer Familie und/oder in ihrem Freundeskreis mit ihrem Glauben allein dastehen. Ihre Zahl wird auf absehbare Zeit weiter und vermutlich sogar deutlich wachsen. Dies betrifft nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder und Jugendliche. Eine primär auf Kinder und Jugendliche bezogene Katechese, die ggf. den Einbezug der Familie stark betont, wird diesen Gläubigen oder Suchenden nicht gerecht. Bei einer Katechese, die offen ist für alle Lebensalter, können auch sie sich eingeladen fühlen. Ebenso erleben Senioren, deren Kinder und Enkel nicht in der Nähe wohnen, Glaubenskommunikation mit dieser Generation, und umgekehrt. Sie tauschen sich über ihren je persönlich gefärbten und doch gemeinsamen Glauben aus, fühlen sich bestärkt oder auch angefragt und erleben so Freude und Last des Glaubens heute im Miteinander der Generationen.
Nur zeitweise getrennt
Unbeschadet dieses grundlegenden Miteinanders bleibt natürlich richtig, dass Menschen in verschiedenen Lebensaltern und Entwicklungsstadien unterschiedliche Zugänge zum Glauben haben. Zu Recht verweisen Eltern darauf, dass sie nicht immer nur auf Kinderniveau über ihren Glauben sprechen wollen, wenngleich sie oft (dankbar) erleben, dass sie durch ihre Kinder zum Nachdenken über den Glauben angeregt werden.
Viele Konzepte der intergenerationellen Katechese sehen daher neben katechetischen Aktionen, an denen alle Anwesenden teilnehmen, auch altersgetrennte Gruppenaktivitäten vor. Andere Modelle überwinden diese Differenzen, indem sie neben den Gemeinschaftsaktivitäten Projektgruppen anbieten, in denen sich Teilnehmende unterschiedlichen Alters aber mit gleichem Interesse (z. B. Gesang, Meditation, Malen, Bibelteilen etc.) zusammenfinden.
Grundstruktur
Die Grundstruktur ist vom Miteinander geprägt. Das beginnt schon bei der Ankunft: Die Ankommenden werden von Mitgliedern des Vorbe reitungsteams begrüßt und man findet sich in Tischgruppen zusammen, die zum Gespräch einladen. Dieser Aspekt der communio wird deutlich unterstrichen, wenn – wie bei vielen Konzepten – am Anfang miteinander gegessen wird (ein einfaches Nudelgericht oder ein Brunch, zu dem alle etwas mitbringen).
Nach dem Essen gibt es einen ersten katechetischen Impuls in den Tischgruppen. Diese sind oftmals recht homogen, weil Familien sowie Freunde und Bekannte zusammensitzen. Das ist kein Nachteil, denn erstens öffnet man sich gegenüber Menschen, die einem vertraut sind, leichter und zum Zweiten ist dieses Miteinander für Familien ein wichtiges Argument, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen. In der Hektik des Alltags ist Familienzeit kostbar.
Nach diesem ersten Impuls teilen sich die Anwesenden in verschiedene Gruppen (nach Alter oder nach Interessen) auf. Später kommen sie wieder zusammen und bekommen Gelegenheit, den anderen von ihren jeweiligen Aktivitäten zu berichten. Mancherorts wird dies auch in einen Gottesdienst eingebracht, der entweder nur für die Teilnehmenden oder für die ganze Gemeinde gestaltet wird. Letzteres bietet sich insbesondere dann an, wenn die katechetische Veranstaltung vor der Vorabendoder Sonntagsmesse stattfindet.
Die zeitliche Nähe erspart den Teilnehmenden, sich zweimal (am Wochenende) auf den Weg machen zu müssen. Außerdem entspricht die Verbindung von sonntäglicher Eucharistie und Katechese dem Erwachsenenkatechumentat, der sowohl vom ADK als auch in „Katechese in veränderter Zeit“ als Inspiration und Modell für alle Katechese vorgestellt wird. Der innere Konnex von Liturgie und Katechese wird dann besonders deutlich, wenn ein thematischer Zusammenhang besteht zwischen dem Thema der intergenerationellen Katechese und der sonntäglichen Eucharistiefeier (insbesondere über die biblischen Texte).
Das Thema der intergenerationellen Zusammenkunft kann sich aber auch aus den anstehenden Sakramentenkatechesen ergeben. Manche Gemeinden nehmen z. B. die Erstkommunionvorbereitung zum Anlass, die ganze Gemeinde zu einer Eucharistiekatechese einzuladen. Vergleichbares ist auch bei der Firmvorbereitung möglich. Und das durchaus jedes Jahr, denn sowohl die Eucharistie als auch die Firmung (wie jedes andere Sakrament) sind inhaltlich so reich und vielfältig, dass die Inhalte nicht nach einer Veranstaltung erschöpft sind und sich auch nachfolgende Katechesen interessant und ansprechend gestalten lassen.
Das Vorbereitungsteam im katechetischen Austausch
Dies gelingt erfahrungsgemäß dann am besten, wenn nicht einer allein die Katechese vorbereitet, sondern sich ein Team aus Menschen unterschiedlichen Alters und mit verschiedenen Talenten einbringt. Wichtig ist, dass sie selbst Freude an dem Thema haben. Es sollte deshalb Wert darauf gelegt werden, dass die Teamer nicht aus Pflichtgefühl dieses durchaus aufwendige Projekt stemmen, sondern weil sie sich das Thema selbst erschlossen haben und interessiert sind, ihre Entdeckungen mit anderen zu teilen, zugleich aber offen bleiben für die Erfahrungen und Zugänge anderer.
Nicht wenige Teams gestalten daher die Vorbereitung als einen geistlichen Prozess des miteinander Betens und sich Mitteilens. Integraler Bestandteil ist die Achtsamkeit füreinander – darauf zu schauen, dass niemand überfordert und alle mit ihren (An-)Fragen und Entdeckungen respektiert werden. Dieses Miteinander im Vorbereitungsteam prägt dann auch später den Umgang und die Atmosphäre in den katechetischen Einheiten. Ebenso gehört die Evaluation abgeschlossener Projekte unverzichtbar dazu.
Weil es darum geht, Leben und Glauben miteinander zu verbinden, verlagern manche Teams ihre Katechese bewusst aus den kircheneigenen Gebäuden hinaus in öffentliche Räume oder auch in die Natur. Andere tun dies schlicht aus der Not heraus, weil die Gemeinderäume zu klein sind. Für wieder andere ist dies der Anlass, die gleiche Veranstaltung mehrmals in einer Woche anzubieten. Wenn man die (vor allem personellen) Ressourcen dazu hat, bietet sich die Wiederholung auch deshalb an, weil es Interessierten die Freiheit gibt, einen Termin zu wählen, der für sie passend ist.