Trauen Sie den Realitäten und quälen Sie sich nicht länger mit der Schminke zeitlosen Lebens, machen wir es also kurz, Sie haben keine Zeit mehr. Das sagt so eher niemand, und zwar schon deshalb nicht, weil es keiner hören will. Aber sie ereignet sich trotzdem täglich neu, wohl in unterschiedlicher Dichte, die Tatsache, keine Zeit mehr zu haben.
Auf den Punkt gefragt, wissen Sie am heutigen Tag, wofür Sie ganz sicher Zeit haben werden? Ein Beispiel: Sie beginnen sich die Zähne zu putzen, aber wie viel Zeit Sie dafür haben werden, ist offen, bis zum Klingeln des Telefons vielleicht, bis ihr Nachwuchs quengelt, der Akku der Elektrischen leer ist, oder bis Sie einfach umfallen.
Wir können uns zwar vornehmen, unsere Zeit einzuteilen, aber immer unwissend wie viel Zeit wir real haben werden.
Rechnen wir mal rückwärts! Sie werden Zeit haben, um zu sterben, eine bestimmte Zeit lang sind Sie vielleicht krank, auch werden Sie eine Zeit in Altersruhe leben, und Ihre Zeit am Arbeitsmarkt ist auch begrenzt, ganz zu schweigen von der „neuen Zeit“ mit Covid-19.
Wir leben auf Zeit, täglich und ein Leben lang, und das erst einmal mit Apostroph auf ewig.
Das Buch Kohelet beschreibt das so: „Es gibt eine Zeit zum Gebären und eine Zeit zum Sterben, eine Zeit zum Pflanzen und eine Zeit zum Ausreißen der Pflanzen, eine Zeit zum Töten und eine Zeit zum Heilen, eine Zeit zum Niederreißen und eine Zeit zum Bauen …“ (Kohelet 3,2–4)
Real und in Anlehnung an die Erkenntnis wie im Buch Kohelet beschrieben ist festzuhalten, dass wir in Teilzeit unser Leben leben und erleben.
Warum nicht dann, wenn es so ist, sich immer wieder gewollt für die Teilzeit des Lebens im Leben entscheiden und sich nicht von ihr vorführen lassen?
Das geht nicht in allen Lebenssituationen, leibliche Mutter geht nicht auf Zeit, wie auch der biologische Vater nicht. Trotzdem gibt es Mütter und Väter auf Zeit.
Etwas auf Zeit machen zu können, erfordert in unserer Zeit oft Sicherheiten, die gewünscht zeitlos vorhanden sein sollten. Auf Zeit ein Auslandsjahr zu machen, und das nicht nur als junger Mensch, erfordert auch Zeiten übergreifender, z. B. finanzieller Sicherheit.
Auf Zeit zu missionieren, konkreter eine Idee umzusetzen, einem Anliegen sich anzuschließen, eine Institution zu stärken oder einfach loszulaufen, bedeutet „wortgewand“ mehr Teilzeiten des Lebens leben.
Vor diesem Hintergrund, allerdings theologisch, dogmatisch und kirchenrechtlich verkürzt, darf auch die Frage gestellt werden: Geht Priester, Priesterin auch auf Zeit in unserer Kirche? Christ und Christin sein ist von der Sache her eher zeitlos!