Plus
S. 34-40
Der entsetzliche Missbrauchsskandal hat die Kirche und ihre Repräsentanten in eine abgrundtiefe Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. Missbrauch schafft Misstrauen. Man traut den Priestern nicht und traut den Priestern auch nichts mehr zu. Diese Entwicklung hat deutliche literarische Spuren hinterlassen. Missbrauchsromane, die als biographische Enthüllungen konzipiert sind, verdunkeln das Bild des Priesters auf eine Weise, die eine verstörende Aussage von Erzbischof Georg Gänswein zu bestätigen scheint: „Die Leute halten Priester für Monster.“ Umso bemerkenswerter ist, dass Priestergestalten in Unterhaltungsromanen – vom Heimatroman bis zum Arztroman – als Vorbilder profiliert werden. Offensichtlich ist die Sehnsucht nach integren, vertrauenswürdigen Priestern, die Gott und den Menschen dienen, ungebrochen. Von Elisabeth Hurth