Bis vor kurzem hatte ich den Begriff noch nie gehört: „Zeitinsolvenz". In einem philosophischen Radiofeature ging es um die Erfahrungvon Endlichkeit. Nicht so sehr im Sinne der uralten Melancholie und Trauer angesichts von Vergänglichkeit, Sterben undTod. Die Rede war vielmehr von einer ganz eigenartigen Erfahrungder neuen und neuesten Zeit, der digitalisierten Moderne: Ich kann „Zeit sparen" so viel ich will, durch effektives Zeitmanagement, Multitasking, Delegieren, superschnelle Verkehrsverbindungen und ultimative IT-Technologie. Fast immer bleibe dabei - so wurde argumentiert- angesichts der ins Unendliche gesteigerten Datenflut, der je neuen Serien von Begegnung mit Menschen, Fakten und Herausforderungen die Erfahrung, sich und anderen etwas schuldigzu bleiben, eben Zeit, Zeit und innere Energie für persönliche Aufmerksamkeit,für Wahrnehmung, Wertschätzung, für Gespräch und eben auch „quality time" für sich selber. Von Hermann Schalück