28 Er sandte Juda an Josef voraus, damit dieser ihm bis nach Goschen entgegenkomme. Als sie im Land Goschen angekommen waren,
29 ließ Josef seinen Wagen anspannen und fuhr seinem Vater Israel nach Goschen entgegen. Als er ihn sah, fiel er ihm um den Hals und weinte lange.
30 Dann sagte Israel zu Josef: Nun will ich gern sterben, nachdem ich dein Angesicht gesehen habe und weiß, dass du noch am Leben bist.
31 Darauf sprach Josef zu seinen Brüdern und zur Familie seines Vaters: Ich gehe hinauf und erstatte dem Pharao Bericht und melde ihm: Meine Brüder und die Familie meines Vaters, die im Land Kanaan waren, sind bei mir angekommen.
32 Die Leute sind Schafhirten; sie treiben nämlich Viehzucht und haben ihre Schafe, ihre Rinder und ihre ganze Habe mitgebracht.
33 Wenn nun der Pharao euch rufen lässt und euch fragt: Was ist euer Beruf?,
34 dann antwortet: Deine Knechte sind Viehzüchter gewesen von ihrer Jugend an bis jetzt, sowohl wir wie unsere Väter, damit ihr im Land Goschen bleiben dürft. Denn die Ägypter hegen gegen die Viehhirten eine große Abneigung.
Quelle: Die Bibel in der Herder-Übersetzung
Ein weiterer Höhepunkt. Die Begegnung des lange tot geglaubten Sohnes mit dem Vater. Wieder ein bewegender Moment. Wieder wird das Sterben thematisiert, ohne Verzweiflung und mit Seelenruhe. Und der Horizont weitet sich auch diesmal. Dank der Vermittlung von Josef lässt sich die ganze Gruppe im Lande Goschen nieder. Das ist weidereiches Grenzland am Nildelta. Sie werden deutlich als Viehhirten bezeichnet. Welche Rolle ausländische Viehhirten in der ägyptischen Agrar- und Ansiedlungspolitik spielten, ist historisch nicht ganz geklärt. Es ist aber auf jeden Fall für den Fortgang der Geschichte wichtig, denn hier werden grundlegende Ressourcen angelegt zur Bekämpfung der bevorstehenden Hungersnot. Es wird deutlich, dass Gottes Verheißungen nie an einem Punkt oder einem Sachverhalt in dieser Welt aufhören. Jeder erfüllte Moment bringt eine Horizonterweiterung mit sich. Wir dürfen diese erfüllten Momente genießen, uns an ihnen freuen, den Gefühlen dabei freien Lauf lassen. Aber irgendwann darf auch die Neugier wachsen, wie es denn wohl weitergeht mit Gottes Geschichte und mit uns. Noch ein anderer Aspekt ist beachtenswert: Jakob sendet seinen Sohn Juda voraus. Er ist schon länger Sprecher der Brüder und damit Vermittler zwischen Josef und Jakob, letztlich Vermittler zwischen dem Pharao und Israel. Dass für Gottes Geschichte mit Israel – und dann für uns – Vermittler erwählt werden und eine wichtige Rolle spielen, ist bedenkenswert. Wir als heutige Leserinnen und Leser dürfen blitzlichtartig an andere Vermittler denken, die für Jakob und Josef noch in weiter Zukunft liegen, beispielsweise an Moses, an David, an den Gottesknecht aus dem Jesajabuch und natürlich an den Davididen aus dem Stamme Juda: Jesus von Nazareth.
So verknüpft der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs seine Geschichte mit der Welt, mit der Geschichte seines Volkes und mit jedem einzelnen seiner Kinder – auch mit uns. So läuft Gottes Segen durch die Zeit bis ins Heute und darüber hinaus.
Jesus, wann gibst du dich uns wieder zu erkennen? Wir sehnen uns nach deiner Umarmung.
Dirk Puder