1 Korinther 13,8–13Unser Wissen ist Stückwerk, aber Glaube, Hoffnung und Liebe bleiben

8Die Liebe hört niemals auf. Prophetisches Reden nimmt einmal ein Ende, Zungen- rede verstummt, Erkenntnis vergeht.
9Denn Stückwerk ist unser Erkennen und Stückwerk unser Prophezeien.
10Wenn aber das Vollendete kommt, dann wird das Stückwerk abgetan.
11Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind, urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was kindlich (an mir) war.
12Jetzt sehen wir in einem Spiegel alles rätselhaft, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich ganz erkennen, so wie auch ich ganz erkannt worden bin.
13Jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

Quelle: Die Bibel in der Herder-Übersetzung

Alles erträgt die Liebe? Wir müssen schon redlich sein. Wir haben die Liebe nicht als eine Zaubermöglichkeit. Sie will aber von uns Besitz ergreifen auf unserem Weg zum Bleibenden. Es ist der Weg Jesu nach Jerusalem, hinauf nach Golgatha, zum Kreuz. Und wir mit unseren Möglichkeiten zu lieben, erkennen nur Stückwerk. Stückwerk bleibt, was immer Menschen entwickeln, konstruieren, bauen und betreiben. Zur Unvollkommenheit und zur Zerbrechlichkeit unserer menschlichen Existenz gehören enttäuschte Erwartungen, unerfüllte Liebe, unüberwindliche Krankheiten ebenso wie menschliches Versagen.

Wir können uns nicht selbst ins Angesicht sehen. Wir brauchen den Spiegel, um die eigenen Stärken und Schwächen zu entdecken. Wir brauchen den Anderen, der uns sagt: Du bist von mir und von Gott geliebt.

Der Apostel, dessen Erkennen Stückwerk ist, lebt in dieser Gewissheit. Die Erkenntnis als Stückwerk ist insofern gar nicht fatalistisch. Denn das Stückwerk vergeht; wie Kinder erwachsen werden, so wird das Unerwachsene vergehen.

Noch sehen wir rätselhafte Umrisse, wie in einem verzerrenden Spiegel. Dann aber werden wir Klarheit erhalten. Von Angesicht zu Angesicht werden wir sehen, sagt der Apostel. Er meint eine Hoffnung, die nicht vertröstet, sondern wirklich Trost ist.

Die Liebe aber hört niemals auf. Diese Gewissheit ist gegründet in Christus. Er wurde vom Sterben gequält, aber vom Tode nicht besiegt. Das ist der Grund der Hoffnung. »Ich lebe, und ihr sollt auch leben« ist sein Versprechen.

Bis dahin lasst uns getröstet gehen. Denn die Hoffnung wirkt sich aus auf unser Leben, schon jetzt und gerade angesichts von Fassungslosigkeit und Schmerz.

Am Ende des Kapitels steht der Satz, auf den der Apostel alle seine Gedanken hinlenkt. Der Satz will unser Trost sein: Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe.

Ewiger Gott, stehe uns bei in Unsicherheit und Zweifeln, solange unser Erkennen Stückwerk ist. Führe uns zu der Gewissheit, dass deine Liebe unendlich ist.

Manfred Kock