Maleachi

Das Maleachibuch beginnt mit demselben Wort masa´ »Prophetenspruch, Orakel« (Luther: Last), mit dem in Sach 9,1 und 12,1 der zweite und dritte Teil des Sacharjabuches überschrieben werden. Das kann ein Hinweis darauf sein, dass das Maleachibuch ursprünglich den vierten Teil des Sacharjabuches darstellte, der dann bei der Kanonbildung, um die Zwölfzahl der »Kleinen Propheten « zu erreichen, als selbständige Prophetenschrift geformt wurde. Dafür spricht auch, dass »Maleachi« kein Eigenname ist, wie sonst bei den Propheten üblich, sondern eine Funktionsbeschreibung, »mein Bote«.

Das Maleachibuch bietet sechs Reden, in denen Argumente der Angeredeten zitiert und widerlegt werden. Diese Widerlegung geschieht in Form von Anklagen, Unheilansagen, aber auch Heilsankündigungen. Sie bilden das Zentrum der theologischen Position des Autors. Soziale und kultische Missstände sind dafür verantwortlich, dass das verheißene Heil Gottes nicht Realität wird. Hier knüpft Maleachi an Sach 1–8 an. Besonders kritisiert werden die nachlässige Opferpraxis, die Mischehen mit Nichtisraeliten und Scheidungen. Maleachi fordert im Namen Gottes die Reinhaltung des Kultes, das Verbot der Mischehen, die Ablehnung der Scheidung. Die vierte und die sechste Diskussionsrede bieten einen anderen Akzent; in ihnen geht es um das Verhältnis von Frommen und Gottlosen. Die Frommen ringen mit der Frage, warum der Tag des Herrn ausbleibt und welchen Nutzen das Halten der Tora bietet, da die Gottlosen in der Regel erfolgreicher sind. Den Frommen wird verheißen, dass der Tag des Herrn als Tag der Läuterung kommen wird, ihm wird jedoch ein Bote vorausgehen. Die Namen der Frommen sind im Buch des Lebens verzeichnet, was ihnen die Barmherzigkeit Gottes am Gerichtstag garantiert.

Die letzten Verse des Buches (3,22–24) beschließen nicht nur das Maleachibuch, sondern den zweiten Teil des hebräischen Kanons (Nebiim). Mit der Aufnahme der Mahnung von Jos 1,7.13, die Tora des Mose zu befolgen, wird eine Brücke vom Beginn der Nebiim zum Ende dieses Kanonteils gebildet. Und die Verheißung der Wiederkunft des Elia verbindet die beiden großen Prophetengestalten des Alten Testaments: Mose und Elia. Jesus Sirach zitiert den letzten Vers des Maleachibuches (Sir 48,10); darum muss es vor dem 2. Jahrhundert seine vorliegende Gestalt erhalten haben.

Gliederung des Buches Maleachi (die Argumente der Angeredeten sind kursiv gedruckt)

1,1 Überschrift

1. Rede 1,2–5

Gottes Liebe zu Israel zeigt sich in der Vernichtung Edoms »Ich liebe euch, spricht JHWH. Doch ihr sagt: Woran sehen wir, dass du uns liebhast? ... Ich habe Jakob lieb, Esau aber hasse ich ...« (V. 2f)

2. Rede 1,6–2,9

Der rechten Gottesverehrung widersprechen unreine Opfergaben

»Der Tisch des Herrn ist nicht so wichtig« (V. 7), »des Herrn Tisch ist unheilig, und sein Opfer ist für nichts zu achten« (V. 12), es werden lahme, kranke und fehlerhafte Tiere geopfert. Den Priestern wird deswegen grausames Unheil angesagt: »Siehe, ich will euch den Arm zerbrechen und den Unrat eurer Festopfer euch ins Angesicht werfen, und er soll an euch kleben bleiben.« (2,3)

3. Rede 2,10–16

Zwei Frevel in Jerusalem:

a) Heirat von Frauen, die fremde Götter verehren (Mischehen) – Ankündigung der Ausrottung;

b) Verstoßen der ersten Frau – Strikte Ablehnung der Scheidung

4. Rede 2,17–3,5

Die Frage der Frommen und der Tag des Herrn

»Wo ist der Gott, der da straft?« (2,17) Die Frommen murren über das Ausbleiben des Eingreifens Gottes gegen das Unrecht. Die Antwort: Erst kommt ein Bote, der den Weg bereitet, dann kommt Gott in den Tempel, dieser Tag des Herrn wird ein Tag der Läuterung und des Gerichts.

5. Rede 3,6–12

Gegen die Unterschlagung des Zehnten

»Womit betrügen wir dich?« (3,8), die Antwort des Propheten: mit dem Zehnten und der Opfergabe; die dahinter stehende Angst vor Mangel wird durch die Verheißung göttlichen Segens aufgehoben.

6. Rede 3,13–21

Erneute Frage der Frommen und Tag des Herrn

Das Problem der Frommen: »Es ist umsonst, dass man Gott dient; und was nützt es, dass wir sein Gebot halten ...?« (3,13) Die Gottlosen sind reich, glücklich und erfolgreich. Die Antwort: Die Taten der Frommen sind verzeichnet und sie werden am Gerichtstag vor Strafe bewahrt.

Abschluss des Buches und des zweiten Kanonteils:

3,22 Mahnung zum Halten der Tora des Mose (Luther: Gesetz)

3,23f Elias Wiederkunft als Wegbereitung vor dem Gerichtstag

Das Motiv der Wiederkunft Elias ist im Neuen Testament auf verschiedene Weise aufgenommen worden. Einmal in der Form, dass Johannes der Täufer als wiedergekommener Elia gedeutet wird (Lk 1,17; Mt 17,11–13; Mk 9,11–13); diese Identifizierung wird allerdings in Joh 1,19–28 kritisiert. Sodann werden in der Erzählung von der Verklärung wie in Mal 3,22–24 die beiden großen Prophetengestalten Mose und Elia zusammen gesehen; ihnen wird Jesus bei- und übergeordnet (Mk 9par; Mt 17par; Lk 9).

Jürgen Kegler