Zusammenfassung / Summary
Die Bilder und Gedanken der Rede, die Josephus an der Mauer Jerusalems gehalten hat, sind bis auf zwei Elemente dieselben, die der Autor in den anderen Reden in seinem Werk verwendet hat. Diese zwei Elemente sind zum einen die Parallele in dem Schicksal des Josephus und des Propheten Jeremiah, und zum anderen die Ankündigung der Bußfertigkeit und Bekehrung als letzte Möglichkeit für die Verteidiger Jerusalems. Schon auf Grund dieser Elemente können wir feststellen, dass ein Prophet an der Mauer Jerusalems geredet hat. Diese Behauptung wird auch durch die Art und Weise unterstützt, wie Josephus die Propheten in seinen Werken dargestellt hat, da diese die Geschehnisse der Geschichte richtig sehen und exakt verstehen. Die Erfüllung ihrer Prophezeiungen ist der Beweis, dass sie rechte Propheten (gewesen) sind (z.B. Ant IV. 125.303.313f; V. 350; IX. 276; X. 79; XIII. 62ff). Die Argumentation des Josephus geht in zwei Richtungen. Einerseits spricht er die Vernunft an – gleich den Realpolitikern; andererseits beruft er sich auf die Gefühle und auf das gläubige Einsehen – gleich den Propheten. Die Prophezeiungen der wahren Propheten sind schon erfüllt, oder werden noch erfüllt werden, niemand kann also bezweifeln, dass sie die Wahrheit verkündet haben. Die Propheten werden so zu unanfechtbaren Deutern historischer Ereignisse. Es ist also auch nicht überraschend, dass die Propheten aufgrund ihrer / dieser Fähigkeiten auch zu Politikern werden. Als Beleg dafür kann man Josephus Rede an die Verteidiger Jerusalems heranziehen, die zweifelsohne mehr als ein Orakel ist. Seine Rede ist ein literarisches Mittel, um die Menschen zu Buße, Entscheidung und Umkehr aufzurufen.
The ideas and symbols of the Josephus’ speech at the walls of Jerusalem found in the speech correspond to those utilized elsewhere in his work, but the speeches in Bellum Judaicum lack two elements: first, the parallel thoughts regarding the fate of the prophet Jeremiah; and second, the stress upon repentance and conversion as the last chance or opportunity for the defenders of the city. Based on these elements it is clear that a prophet is speaking to the people at the walls of Jerusalem. This could well be corroborated by the depiction of prophets in Josephus’ speeches, since the prophets saw and explained historical events precisely. Prophecies coming true prove their prophetic insight (e.g. Ant IV. 125.303.313f; V. 350; IX. 276; X. 79; XIII. 62ff). Josephus’ speech contains two lines of arguments: on the one hand, he addresses himself to pure reason (as politicians do); on the other, he appeals to emotions and insights coming from faith (as prophets do). Prophetic oracles have come true – or will come true – but nobody is allowed to question their correctness. Prophets will become the indisputable interpreters of historical events. As a corollary, it is no surprise that prophets, by virtue of their capabilities, also become politicians. A graphic example of this is Josephus’ speech to the defenders of Jerusalem which is, no doubt, much more than an oracle. The oracle is but a literary device calling the people to repentance, decision and conversion.