Berufung, wie ich sie verstehe, bedeutet die Einladung Gottes zu einem erfüllten Leben. Es ist letztlich die Frage, wer ich bin.“ Mit diesen Worten skizziert der Jesuit Clemens Blattert sein weites Verständnis des traditionellen Begriffs (vgl. CIG Nr. 1/2023). Berufung ist demnach nicht nur für Priester und Ordensleute reserviert. „Das Thema richtet sich an jeden Menschen, denn Gott beruft nicht nur ein paar wenige Auserwählte. Und es ist zudem keine Frage, die je abgeschlossen wäre.“
Auch zu Beginn unseres Berufungstags – der zweiten großen Veranstaltung im CIG-Jubiläumsjahr – warb der Leiter des Zentrums für Berufungspastoral (ZfB) der Deutschen Bischofskonferenz für dieses umfassende Konzept. Es gelte, eine Kultur der Berufungssuche als Lebensstil auszuprägen. „Die Impulse in uns und um uns herum wahrnehmen, sie unterscheiden – und den Impulsen Gottes zu einem erfüllten Leben folgen. Diese Haltung kann zu einem Mehr an Lebendigkeit führen und ist nicht an eine bestimmte Lebensphase gebunden.“
Etwa 120 Leserinnen und Leser ließen sich von diesem Programm ansprechen. Nach Blatterts einführenden Worten gab es Gelegenheit, verschiedene Aspekte des Themas in Workshops zu vertiefen. Die Franziskanerin Margareta Gruber, Professorin für Neues Testament in Vallendar, ging etwa den biblischen Berufungserzählungen nach, die sie als „Liebesgeschichten im Spannungsfeld von Hingabe und Verrat“ beschrieb. Der kirchliche Blick sei lange Zeit vom antiken Aufstiegsmodell menschlicher Existenz geprägt gewesen. Demgegenüber stellte Gruber klar: „Nicht ein bestimmtes Konzept von Vollkommenheit ist das Ziel, sondern die Liebe.“
Was eine Theologie der Berufung zu bedenken hat, erläuterte die Luzerner Dogmatikerin Ursula Schumacher. So stehe zwar am Anfang eines jeden Weges die Zuwendung Gottes; damit sich eine Berufungsgeschichte ereignen könne, brauche es aber auch das menschliche Ja dazu. Genauso sei uns Christus als Urbild vor Augen gestellt, damit wir immer christusförmiger werden; man dürfe jedoch keine „blinde Kopie“ anzielen, sondern Nachfolge sei stets ein individuelles Geschehen. Auch Schumacher sprach sich für ein weites, umfassendes Verständnis von Berufung aus. Es gehe meistens nicht um eine einzige entscheidende Weichenstellung im Leben. Vielmehr gelte es, wachsam zu sein auch für vermeintlich kleine Fingerzeige. „Berufung ist eine höchst facettenreiche Realität“, so Schumacher. „Die Aufgabe, einen Ruf Gottes anzunehmen, begleitet ein ganzes Leben.“ Weitere Aspekte des Themas eröffneten Paul Metzlaff (Mitarbeiter am vatikanischen Dikasterium für Laien, Familie und Leben), die Frankfurter Organisationsberaterin Eva Röttgers- Ferchland, der Jesuit und Dogmatiker Klaus Vechtel, die Juristin und Synodale Charlotte Kreuter-Kirchhof sowie CIG-Autor Christian Heidrich.
All dies mündete in eine Eucharistiefeier, der Clemens Blattert vorstand und die von dem Trio MoveDove musikalisch gestaltet wurde. Besonders berührend dabei: der gemeinsame jesuitische Tagesrückblick sowie das freie Fürbittgebet. „Der perfekte Abschluss“, meinte eine Leserin.
Und alles mündete in die Eucharistiefeier.
Foto: Stephan Langer
Tatsächlich war auch dies eine Veranstaltung, die sehr gut zum CIG passte und noch lange nachwirken wird. Eine Teilnehmerin brachte ihr Erleben so auf den Punkt: „Wir sind eingebettet in und Teil einer wunderbaren CIG-Gemeinschaft voller Berufener, Suchender und Glaubender.“