Afrika fehlt! Das ist mir heute schlagartig aufgegangen. Ich meine damit nicht das Berlinale-Programm an sich. Zwar hat es diesmal kein afrikanischer Film in den Wettbewerb geschafft. Das war in früheren Jahren anders, wenn ich zum Beispiel an das kraftvolle Werk „Félicité“ von Alain Gomis denke, das 2017 mit einem silbernen Bären geehrt wurde. Aber auch diesmal lassen sich einige Filme aus und über Afrika finden, etwas versteckt in den anderen Sektionen des Berlinale-Programms, im „Panorama“ und im „Forum“.
Das setzt dann tatsächlich voraus, dass man sich aktiv auf die Suche nach diesen Filmen begibt. Genau das – und daher kam mein Erschrecken über die Leerstelle – habe ich bisher nicht gemacht. Mein persönlicher Berlinale-Fahrplan bescherte mir bereits eine wunderbare Weltreise, die mich jedoch noch nicht auf den schwarzen Kontinent geführt hat. Ein Zufall, ein Versehen, klar! Doch es ärgert mich schon.
Natürlich: Afrika ist nicht im selben Maß für sein Kino bekannt wie Europa, die Amerikas und Asien. Vieles mag dort erst noch im Entstehen sein, nicht so institutionalisiert wie anderswo. Aber wenn man das nicht wahrnimmt und würdigt, geht es kaum weiter. Und es ist ja nicht so, dass Afrika – die ungeheure Vielfalt des Kontinents nenne ich ausnahmsweise einmal summarisch – nichts zu erzählen hätte, was wichtig für die Welt wäre. Man muss es aber auch hören wollen! Andernfalls wird es schwierig, die (post-)kolonialen Denkmuster zu überwinden.
Zum Glück ist es auf der Berlinale sehr einfach, sein persönliches Programm umzustellen, zumindest jetzt noch, zur Halbzeit des Festivals. Und so habe ich neu geplant und mir heute einen Film aus dem kleinen Lesotho angesehen. Wobei, das ist schon die erste Unschärfe. Der Film „Mother, I am suffocating. This is my last film about you“ (Mutter, ich ersticke. Das ist mein letzter Film über dich) wurde zwar in Lesotho gedreht. Der Regisseur Lemohang Jeremiah Mosese lebt inzwischen aber in Berlin. Ein Lamento, ein Klagelied, hat er seinen Film genannt. Es ist ein kraftvolles, sehr poetisches Werk, das genau um diese Fragen kreist: Wie blicken wir auf Afrika? Wie sehe ich speziell als Emigrant meine frühere Heimat? Und wie geht es mir mit meiner neuen Umgebung? Eindeutige Antworten gibt es nicht, manche Widersprüche sind wohl auszuhalten. Das macht der Film von Lemohang Jeremiah Mosese eindrucksvoll deutlich, mit großer Energie und mit vielen Zitaten aus der christlichen Kunstgeschichte.
Ich bin froh, dass ich diese „Stimme“ nicht verpasst habe.