Auch wenn es einen „Königsbergerweg“ zum Gipfel gibt, so ganz auf meiner Route liegt der Brocken nicht. Aber natürlich kann ich mir nicht verkneifen, einen Schlenker zu machen und ihn zu ersteigen. Warum? Einfach weil er da ist, um ein klassisches Bergsteigerwort etwas prätentiös zu bemühen. Weil er im Norden der Höchste ist. Dabei ist er nur ein größerer Hügel. Wer von Schierke aus startet und einigermaßen zügig geht, ist in eineinhalb Stunden oben. Doch es ist ein schöner Weg, waldreich, mit kleinen und großen Felsen und manchen Wasserläufen. Man könnte ihn tatsächlich romantisch nennen.
Das Wilde, das dem Brocken gerne zugeschrieben wird und das nicht zuletzt Goethe so anziehend fand, suche ich an diesem Vormittag vergeblich. Doch vielleicht ist der August dafür nicht der richtige Monat. Im Dezember 1777 musste Goethe all seine Überzeugungskraft aufbieten, um Förster Degen als Führer für die winterliche Besteigung zu gewinnen. Tatsächlich waren „die Berge im Nebel, man sah nichts“; der Schnee „eine Elle tief, der aber auch trug“.
Goethe wollte etwas Dämonisches erkannt haben. Für mich wechseln sich oben Sonne und Wolken in rasanter Geschwindigkeit, das Rattern und Hupen der Schmalspurbahn, auch der Kohlegeruch, sind angenehm. Auf dem Gipfel bin ich glücklich, brauche hier das Museum, das sich auch den Spionagetätigkeiten im Kalten Krieg widmet, nicht. Ich trinke einen kleinen Schluck „Schierker Feuerstein“. Die Verkäuferin im Ort, bei der ich das Miniaturfläschchen erstanden habe und die sicherlich einen wesentlichen Teil ihres Umsatzes mit großen und kleinen Flaschen dieses Kräuterlikörs macht, hat mich vor der Süße gewarnt. Sie hatte nicht Unrecht.