Bis gestern verband ich mit „Warburg“ lediglich den Kunsthistoriker und Büchersammler Aby Warburg (1866-1929), der in manchen Kreisen geradezu kultisch verehrt wird. Warburg suchte unablässig und platonisierend nach Grundideen, Ursymbolen in der Kunst, die sich fortzeugen und die er dann auf antiken Münzen, auf Renaissancegemälden wie bei modernen Künstlern zu entdecken glaubte. Wenn heutige Museumskuratoren eine prächtige Renaissancemadonna neben einem Gemälde von Max Beckmann aufhängen können, so hat dies wohl mit Aby Warburg zu tun.
Kaum bin ich in der Stadt, entdecke ich den Gebrüder-Warburg-Platz, auf der beigefügten Tafel auch der Name von Aby Warburg. Die Erklärung, auch in dem Stadtmuseum zu finden: Eine Linie der weitverzweigten jüdischen Bankiers- und Gelehrtenfamilie entstammt der Stadt und nahm diesen Namen „mit“ nach Hamburg. Sympathischerweise verzichtete Aby gegenüber seiner Familie auf alle Ansprüche, erbat sich nur die Finanzierung aller Bücherwünsche - der Anfang seiner berühmten Bibliothek.
Die Stadt Warburg ist eine Hansestadt, deren Türme, Kirchen und prächtige Fachwerkhäuser auf den vergangenen Reichtum hindeuten. Viele der Fachwerkhäuser sprechen von ihren Balken herab, manche fromm, andere auch weltlich: „BAUEN IST LUST. ES KOSTETE VIEL. DAS HABE ICH NICHT GEWUSST. PROBIER ES!“ Eine zeitlose Ansage wohl.
Als ich in der Frühe weiter nach Borgentreich ziehe, ist es kalt und neblig. Zum ersten Mal ziehe ich einen Pullover an. Erste Vorboten des Herbstes? In Borgentreich steige ich in den Bus, fahre nach Höxter, um dort das Kloster und Schloss von Corvey zu entdecken.