Vergangenes, Gegenwärtiges

In Thale begibt sich CIG-Autor Christian Heidrich auf eine Reise in die DDR-Vergangenheit.

Vergangenes, Gegenwärtiges
© Christian Heidrich

Thale - ein ruhiges Städtchen im Bodetal, das sich von Wernigerode aus gut erwandern lässt. Das erste, was mir, sieht man von dem unsäglichen „Hexen“-Kult ab, wirklich auffällt, ist das griechische Restaurant, das in der Karl-Marx-Straße liegt. Eine aparte Kombination, eher terracotta denn rot, zu der sich bald der Hinweis gesellt, dass sich ein DDR-Museum im sechsten Stock eines Möbelhauses befindet. Das Museum ist dann erstaunlich groß und an dem Samstagnachmittag gut besucht. Der freundliche Mann an der Kasse erwähnt, dass es für die Museumsbesucher mancherlei Rabatte im Möbelhaus gibt. Nun ja.

Im Kinosaal lange Werbeclips der „Volkseigenen Betriebe“, so etwas gab es tatsächlich. Harmlos, erklärend, mittlerweile vor allem komisch - auch durch die Kommentare der Besucher, die das Volkseigene kennengelernt haben. Der neue Wartburg sei straßensicher und geräumig, 57 Fußbälle passten in den Kofferraum. „War ja auch unser Exportschlager!“, ruft jemand in die Dunkelheit hinein. Allgemeines Gelächter.

Dann, einem Zeitstrahl folgend, eine große Anzahl von „zeittypischen“ Zimmereinrichtungen, Alltagsgegenständen, Propagandamaterial. „Überholen ohne einzuholen“ (Walter Ulbricht). „Wir Jungpioniere halten Freundschaft mit den Kindern der Sowjetunion und aller Länder.“ „Hart arbeiten für die Rettung des Landes und unserer Partei“ (Parteivorsitzender Gregor Gysi).

Den Schlüssel zur Geschichte der DDR, zu ihrem Untergang, hält wohl eher Lothar de Maizière: „Ich will, dass meine Kinder nicht mehr lügen müssen.“

Passend zu diesem Ausflug in die neueste Geschichte der verglaste, reich bestückte Bücherschrank in dem Gasthaus, in dem ich übernachte. Leicht lassen sich dort Klassiker - auch - der DDR-Jahre finden: Die beiden Bände von Dieter Nolls „Die Abenteuer des Werner Holt“ (30. Auflage 1977), Christa Wolffs „Kein Ort. Nirgends“ (3. Auflage 1981), Monika Marons „Flugasche“, ein Buch freilich, das auf die ökologischen Probleme hinwies und zunächst, 1981, nur in Westdeutschland erscheinen durfte. Auch von Erwin Strittmatter, „1955 mit dem Nationalpreis ausgezeichnet“, sind Bände vorhanden. Für mich Kurzausflüge in eine literarische Vergangenheit, die wohl langsam dem Vergessen anheimfällt, unserer Kurzatmigkeit.

Was aber die Probe der Zeit dauerhaft übersteht, ist wohl das, was der Wahrheitssuche dient. Das gilt selbstverständlich für Ost und West.

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