Wenn die Tür des Dampfbads ständig offen gelassen wird, entweicht die Hitze von drinnen sehr schnell. So verflüchtigt sich in einem Menschen, der viel reden möchte, die Erinnerung an Gott durch die Tür der Rede, selbst wenn alles, was er sagt, gut wäre. Darauf schüttet der Verstand, obgleich es ihm an geeigneten Ideen fehlt, einen ganzen Wust von verworrenen Gedanken über den Nächstbesten aus, weil er nicht mehr den Heiligen Geist hat, der ihn vor Hirngespinsten bewahren würde. Wertvolle Ideen meiden immer den Wortschwall, denn Wirrwarr und Phantasterei sind ihnen fremd. So ist Schweigen zur rechten Zeit kostbar; denn es ist nichts weniger als die Mutter der weisen Gedanken.
Diadochus von Photike (gestorben 486) aus: „Die Kraft der Stille“ (Herder, Freiburg 2017)