Es ist noch nicht lange her, da war „Heimat“ fast ein Unwort. Bestenfalls wurde es mit Spießigkeit und Provinzialität verbunden, mit Gartenzwerg und Bausparvertrag – mit Heimattümelei. Die Heimatvertriebenen galten als „Revanchisten“. Ihre traumatischen Erfahrungen wurden von den Achtundsechzigern verächtlich gemacht. Besonders schlimm ist es, wenn „Heimat“ politisch missbraucht wird, ausgrenzend, im Sinne von „Wir gegen die“. Gerade Rechtspopulisten, alte und neue Nazis, haben dafür gesorgt, dass der Begriff „Heimat“ verbrannt war.
Doch seit der Bundestagswahl erlebt das Wort und damit das Thema einen Höhenflug. „Wer sich nach Heimat sehnt, ist nicht von gestern“, erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Tag der Deutschen Einheit. Und ausgerechnet aus den linken Parteien kommen plötzlich ungewohnt positive Bemerkungen über Heimat. Es scheint, dass viele durch die brachialen Äußerungen von AfD-Leuten („Wir werden sie jagen.“ „Wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“) aufgeschreckt sind. Man will das Thema nicht den Rechten überlassen. Vielleicht auch, weil man ahnt, dass die Menschen sich in einer unruhigen Welt doch nach einem Ort der Geborgenheit, Sicherheit, Identität sehnen. Und dieser Ort ist nicht nur räumlich zu verstehen.
Eigentlich war Heimat im besten Sinn immer attraktiv. Jeder will wissen, wo er herkommt, mehr noch: wo er sich zugehörig fühlen kann. „Verstehen und verstanden werden – das ist Heimat“, so der Bundespräsident. Dieses Bedürfnis nach Orientierung und Halt ist besonders stark, wenn das Dasein aus den Fugen gerät. Je unübersichtlicher und hektischer es zugeht, umso mehr sucht man nach Gewissheit, nach stabilen Verhältnissen. Vielleicht ist die Idee von grenzenloser Flexibilität und Mobilität in der Globalisierung oder auch nur in einem übernationalen Europa doch eine Überforderung für viele Menschen. Identität entsteht konkret, vor Ort. Nicht zuletzt weckt die Ankunft der Flüchtlinge aus anderen Kulturen das Bedürfnis, das Eigene besser zu verstehen und zu vergegenwärtigen.
Wie so oft lohnt auch in dieser Diskussion der Blick auf den Glauben. Die Bibel ist eine große Fürsprecherin für den offenen geistigen Horizont. An vielen Gestalten, angefangen bei Abraham, macht sie deutlich, dass es stets um Aufbruch geht, nicht um das Verharren auf der eigenen Scholle. Gerade auch geistig soll man sich immer wieder aufmachen. „Du führst mich hinaus ins Weite.“ Doch die Heilige Schrift weiß ebenso um die Unruhe des Herzens, irgendwann irgendwo auch einmal anzukommen. Dabei gilt: „Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen.“ CIG