Ein-Gott-GlaubeDer Preis der Ikone

Der biblische Ein-Gott-Glaube kennt die Verführungskraft des Götzentums – und die Würde des Menschen als Gottes Ebenbild.

Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon“, heißt es in den Evangelien von Lukas und Matthäus. Von daher ist die Frage, die an Jesus herangetragen wird, heikel. „Ist es recht, Steuern zu zahlen?“ Pharisäer und Anhänger des Herodes – ansonsten nicht gerade für ihre allzu große Freundschaft bekannt – tun sich zusammen, damit Jesus sich um Kopf und Kragen reden möge.

Was soll er antworten? Ein Ja stößt die Menschen, die unter der römischen Fremdherrschaft leiden, vor den Kopf. Ein Nein provoziert die herrschende Staatsgewalt. Jesu Bitte um ein Geldstück entlarvt die Gegner. Sofort holen sie eine entsprechende Steuermünze aus der Tasche. Dieser Denar trägt das Abbild des Kaisers Tiberius: dem Kaiser geben, was des Kaisers ist.

Und Gott geben, was Gottes ist. Was aber ist das? „Die Welt ist Gottes so voll“, schrieb 1944 der schon zum Tode verurteilte Jesuitenpater Alfred Delp mit gefesselten Händen im Gefängnis. Die Welt lässt sich nicht einfach aufteilen in zwei Regimenter. Die auf Augustinus zurückgehende Unterscheidung hilft in manchen Fragen weiter. Die Spannung, was Gottes und was des Kaisers ist, begleitet uns aber ein Leben lang. Selbstverständlich wird der Christ unter normalen Umständen Steuern zahlen. Es wird ihm Weltengagement abverlangt. Keineswegs dürfen Christen sich aus Fragen des öffentlichen Lebens zurückziehen. Wir sollen diese Welt gestalten, weil sie Gottes gute Schöpfung und den Menschen als Lebenshaus anvertraut ist. Geschichte, Politik und Glaube haben sehr wohl etwas miteinander zu tun. Aber weltliche Mächte und Strukturen dürfen nicht gleichrangig neben Gott stehen oder sich selbst vergöttlichen, wie es die antiken Kaiser taten.

Dass es nur einen einzigen Gott gibt, war für die Religionen des alten Orients kaum denkbar. Das Bekenntnis eines strikten Monotheismus sonderte Israel aus der Völkerwelt regelrecht aus. Es wird ja nichts einfacher damit: Der eine und einzige Gott schafft Licht und Finsternis, Heil und Unheil – das ist die notwendige Folge dieser Aussage. Verstandesmäßig schieben wir die Vorstellungen der antiken Umwelt Israels beiseite, dass es für die unterschiedlichsten Anlässe eine jeweils zuständige Gottheit gibt: da einen Sonnengott, dort einen für Unwetter, da einen für Rechtsprechung und Frieden, und wieder einen anderen für den Krieg.

Aber ist der Glaube an den einen Gott – christlich: Vater, Sohn und Heiliger Geist – wirklich in unserem Bewusstsein angekommen? Gibt es für uns wirklich keine „anderen Götter“ daneben?

Außerdem stellt sich die Frage, welche „Götter“ wir in der Hosentasche tragen. Was kommt da an „Steuermünzen“ zutage? Oder von welchen Göttern lassen wir uns verführen? Welches Abbild, welche „Ikone“ leitet mich? Und welchen Tribut bin ich bereit, den Göttern zu zahlen? Sich diesen Anfragen ehrlich auszusetzen, legt den Finger in die Wunde eines zu schnell beteuerten Monotheismus. Wer hat schon immer allen Götzen vollständig abgeschworen? Aus dem Prophetenbuch Jesaja hallt der Satz ins Heute: „Ich bin der Herr und sonst niemand; außer mir gibt es keinen Gott“ (45,5).

Als Christen dürfen wir das uneingeschränkt bejahen und weiter ausbuchstabieren: Die Ikone Gottes ist Jesus Christus, Ebenbild des unsichtbaren Gottes, Erstgeborener der ganzen Schöpfung. In der Nachfolge Jesu steht man ungeteilt. Gott schuf den Menschen nach seinem Bild – eine größere Würde kann niemand dem Menschen zusprechen.

Geben wir Gott, was Gottes ist, indem wir dem Menschen sowie seinem Antlitz die Ehre geben.

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