Solcher Glaube wird Gerechtigkeit Gottes genannt, wie Paulus im Römerbrief (3,28) erklärt: „Wir sind der Überzeugung, der Mensch werde durch Glauben gerechtfertigt.“ Dies ist die unendliche und alle Sünden sofort verschlingende Gerechtigkeit. Denn es ist unmöglich, dass die Sünde in Christus Bestand hat. Und jeder, der an Christus glaubt, der hängt an Christus und ist eins mit Christus, ein und dieselbe Gerechtigkeit mit ihm besitzend. Es ist darum unmöglich, dass die Sünde in ihm bleibt. Und diese Gerechtigkeit ist die erste und als solche Fundament, Ursache und Ursprung jeder eigenen oder wirklichen (actualis) Gerechtigkeit. Denn sie wird uns wahrhaft gegeben für die in Adam verlorene ursprüngliche Gerechtigkeit, und sie bewirkt dasselbe, ja sie bewirkt Größeres, als jene ursprüngliche Gerechtigkeit bewirkt haben würde.
So wird jenes Psalmwort (Ps 31,2) richtig verstanden, das sagt „Auf dich, Herr, habe ich gehofft, drum werde ich in Ewigkeit nicht zu Schanden: in deiner Gerechtigkeit befreie mich.“ Nicht „in meiner“, sondern „in deiner“, sagt der Psalmist, d. h. in der Gerechtigkeit Christi meines Gottes, die durch den Glauben, durch die Gnade und durch die Barmherzigkeit Gottes zu der unseren gemacht ist.
Martin Luther in: „Woran also du dein Herz hängst“ (Topos plus, Kevelaer 2017)