Das Wort „Anspruch“ ist im zweifachen Sinn zu verstehen: Zum einen geht es um das, was Gott selbst zusteht, was er von uns erwartet, worauf er einen Anspruch hat. Zum anderen geht es um sein Wort an uns, das er immer wieder spricht und das oft ohne Echo zu ihm zurückkehrt. Sein Wort ist Anspruch.
Wir machen es uns oft leicht, indem wir vom lieben, barmherzigen, gütigen, vergebenden Gott reden und damit alle unsere Unzulänglichkeiten gewissermaßen unter den Teppich der Barmherzigkeit kehren. Aber so ist die Barmherzigkeit Gottes nicht gemeint. Sie konfrontiert uns vielmehr mit seinem Anspruch. Wir erkennen, wenn wir ihn ernst nehmen, dass wir ihm nicht genügen können – dürfen aber zugleich die Verheißung seiner Gnade hören und diese dann auch annehmen.
Martin Senftleben in: „Mit der Bibel durch das Jahr“ (Kreuz Verlag, Freiburg 2016)