Ein verzweifelter Vater mit Frau, Kind und Säugling ist unterwegs in der Wüste. Die kleine Gruppe setzt sich nieder, der Mann nimmt einen Kanister und übergießt sich und die Familie mit Benzin. Als er das Streichholz entzündet, bläst ein Herbeigeeilter es gerade noch rechtzeitig aus.
Szene zwei: eine stark mit Menschen gefüllte Gasse in einer Stadt Afrikas. Eine weiße Frau, Kommissarin für Entwicklung bei der Europäischen Gemeinschaft, geht durch die Menge, begleitet von einem Kollegen, der sie darüber informiert, dass den Menschen des Landes eine katastrophale Hungersnot bevorsteht. Ein Schwarzer spricht sie an: „Es heißt, ihr in Europa habt viele Katzen … Es heißt, die Kosten für eine Katze sind mehr als 200 Dollar im Jahr… Lasst uns nach Europa kommen als Eure Haustiere… Wir können Eure Hand lecken, und wir können schnurren, und wir sind viel billiger zu füttern.“
Szene drei: Afrikaner sitzen in einer einfachen Hütte auf dem Boden, schauen sich Karten des Maghreb an. Kurz darauf machen sich im Morgengrauen immer mehr Menschen auf den Weg. Als die EU-Kommissarin den Menschenzug durch die Wüste in Richtung Mittelmeer sieht, entfährt es ihr: „O mein Gott, eine Völkerwanderung!“
Das sind Ausschnitte aus der 1990 veröffentlichten BBC-Produktion „Der Marsch“. Der 27 Jahre alte Spielfilm zeigt, wie sich überall in den Wüsten Nordafrikas Menschen aufmachen, vor allem in sudanesischen Flüchtlingslagern, wie die Gruppen immer größer werden, wie sie aus jedem Wadi kommen und zu einem – so das gängige europäische Wort – „Flüchtlingsstrom“ anwachsen. Der Film baut eine Drohkulisse auf, politische Zusammenhänge sind ausgeblendet. In Europa wird so die Angst vor dem schwarzen Mann verstärkt, das heißt, Rassismus befördert. Nach den Ursachen der Flucht, nach Klimawandel und Krieg, nach unfairem Handel und Ressourcenknappheit fragt man besser nicht – neuerdings ist es gar opportun, diese zu leugnen.
Der Ausruf „Oh my god, it’s a migration“ der blonden Europäerin wirkt so, als ob Migration vom Himmel fiele, aus dem Nichts entstünde, als ob wir nicht hätten wissen können, wie zum Erbarmen Zustände vielerorts sind und wie Not Menschen zur Flucht zwingt, als ob wir nichts ändern müssten: unsere Wirtschaftsordnung, unseren Lebensstil.
Wohlstandswahrung
Phantasie und Weitsicht – daran mangelt es Regierungen oft. Vor allem wenn es um Krisenvorbeugung geht. Da lässt man anderen Ländern oder Organisationen gerne den Vortritt. Wenn es hingegen ums Geschäft geht, ist man gleich bei der Sache: Wenn wir es nicht (zuerst) tun, verkaufen andere die Waffen.
Wegschauen oder Aussitzen – darin waren Regierungen und Gesellschaften schon immer gut. Blicken wir von Afrika hinüber nach Syrien und in den Irak. Die desolaten Lebensbedingungen für syrische Kriegsflüchtlinge in den Lagern in Jordanien und im Libanon waren schon früh nach Ausbruch des Krieges 2011 bekannt. Zwei dramatische Entwicklungen waren absehbar: Menschen in dieser Lage tun entweder alles, um aus ihr herauszukommen – am besten nach Europa. Oder sie radikalisieren sich, schließen sich dem „Islamischen Staat“ an und ziehen in den Dschihad – gegen Europa und den gesamten Westen, aber auch gegen selbstherrliche islamische Herrschercliquen. Doch der demokratische Westen hätte eine besondere Verantwortung gehabt, das Elend rechtzeitig abzumildern. In seiner Bräsigkeit dachte er: Wird schon nichts passieren. Die Folgen: Unsere Gesellschaften stehen heute vor der schwierigen Aufgabe, Flüchtlinge zu integrieren.
Politikern aller Couleur zufolge liegt das Hauptaugenmerk nun darauf, Fluchtursachen zu bekämpfen. Ein EU-Afrika-Gipfel reiht sich an den anderen. Das Ziel: Afrikaner sollen möglichst bleiben, wo sie sind. Erreicht werden soll dies jedoch keineswegs dadurch, dass man etwa Handelsschranken abbaut und afrikanischen Produkten auf dem Weltmarkt Chancengleichheit gewährt, um die Wirtschaft in Afrika zu stärken. Oder dadurch, dass man wenigstens darauf verzichtet, mit hochsubventionierten amerikanischen und europäischen Produkten afrikanische Märkte trockenzulegen. Nein, Bundeskanzlerin Angela Merkel geht es um etwas anderes. Anlässlich des Bundeswehreinsatzes in Mali sagte sie, die politische Stabilität dort hänge „eben auch mit unserer Sicherheit und mit unserer Steuerung von Migration zum Beispiel zusammen“. Mit anderen Worten: Es geht um die Bewahrung unseres Wohlstandes und um die Unterbindung von Flucht. Um eine gründliche und nachhaltige Ursachenbekämpfung geht es demnach nicht.
In der Debatte kommt es immer wieder zu überraschenden Schlussfolgerungen und Analysen, die angesichts einer vermeintlichen oder echten Bedrohung Europas angeboten werden. Der ehemalige deutsche Verfassungsrichter Udo Di Fabio etwa sagte beim Buß- und Bettagsgespräch des Instituts für Gesellschaftswissenschaften Walberberg in Bonn, die Darstellung stimme nicht, dass Klimawandel oder die Ausbeutung von Menschen in Afrika zu Migration führte. Es sei der mit der Globalisierung verbundene wachsende Wohlstand auf dem afrikanischen Kontinent, der Angehörige der Mittelschicht in Bewegung setze. Die arme Bevölkerung habe gar keine Mittel zur Migration.
Was die Großfamilie erhofft
Dem widersprach Veye Tatah, als sie auf den „Weingartener Afrikagesprächen“ mit dieser Aussage konfrontiert wurde. Der überwiegende Teil der Flüchtlinge komme aus ärmsten Verhältnissen – deshalb kämen so viele Ungebildete in Europa an. Die ganze Sippe lege zusammen, um die Flucht eines ihrer Mitglieder zu finanzieren. Sie sei wie ein Investment in eine bessere Zukunft. Wie wenn eine Familie im Westen das Studiengeld für ein Elite-College aufbringt, damit der Spross dereinst Karriere machen kann. Von dem jungen Afrikaner, der auf Reisen geschickt wird, verspreche sich die Großfamilie ein gutes Einkommen, das er aus Europa schicken soll. Die Reicheren fänden andere Wege, als sich Schleusern auszusetzen.
Veye Tatah ist ehrenamtliche Chefredakteurin des „Africa Positive“-Magazins, das sie in Dortmund herausgibt. Die Mittvierzigerin wurde in Kamerun geboren und lebt seit gut 25 Jahren in Deutschland. Die Informatikerin betreibt eine IT-Beratungsfirma und ist zudem Inhaberin eines Catering-Unternehmens für afrikanisches Essen. 2010 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihr soziales Engagement. Dies besteht ihrem eigenen Anspruch zufolge darin, „den Deutschen ein realistischeres Afrikabild zu vermitteln und so die Integration der Afrikaner in Deutschland zu fördern“.
Gefühl wie ein König
Und mit dem „realistischen Afrikabild“ hapert es. In der katholischen Akademie in Weingarten beklagte Tatah die Berichterstattung der Medien. Die gängigen Bilder, die uns aus Afrika erreichen, seien rettungsbedürftige Flüchtlinge auf überfüllten Schiffen. Auch sonst seien Afrikaner fast ausschließlich als Hilfeempfänger dargestellt: Ebola-Opfer, Hungernde, Vertriebene. Die Nachrichtenauswahl sei auf Unheil und Chaos fixiert. Oft sehe man weiße Frauen oder Männer inmitten einer diffusen Schar von hilflosen schwarzen Kindern.
„Afrika wird reduziert auf einen hilfsbedürftigen Kontinent“, sagte Tatah. Die meisten Plakate, die Europäer zu sehen bekommen, seien nach dem Muster gestaltet: ein schwarzes Gesicht, eine schwarze Hand, ein schwarzes Kind – und jeweils ein weißer Helfer oder Geber. Die Nord-Süd-Beziehung stehe meist im Zusammenhang mit Entwicklungshilfe, mit NGOs (Nichtregierungsorganisationen) und Spendenaktionen. Diese Art der Rollenverteilung führe leicht zu einer herablassenden Art seitens der sich überlegen wähnenden Geber.
Untersuchungen und Beobachtungen zeigen, dass Helfer durchaus manchmal zu „Herren“ werden und neue Abhängigkeiten schaffen können. Und so mancher Leiter von Entwicklungshilfeprojekten fliegt ab und zu zur Visite ein und fühlt sich dabei wie ein König, weil er das Geld und das Know-how hat. Aber es gibt zum Beispiel auch die Entwicklungshelfer an der Basis, ob Grünhelme, Ärzte oder Krankenschwestern, Ingenieure, Techniker oder viele Freiwillige, die hochengagiert in Krisengebieten tätig werden. Sie gehen unter anderem gesundheitliche Risiken ein, wenn man nur an den Einsatz gegen Ebola denkt. Oder Missionare, die seit Jahrzehnten versuchen, neben dem religiösen auch ein soziales Bewusstsein zu fördern, Bildung zu organisieren, etwa in kirchlichen Schulen, wo der Staat bzw. die afrikanische Elite versagt. Diese andere Seite notwendiger afrikanischer Selbstverantwortung, darf bei aller Kritik am Westen nicht ausgeblendet werden. Die führenden afrikanischen Schichten dürfen sich nicht ständig mit dem Verweis auf den einstigen Kolonialismus aus ihrer Eigenverantwortung davonstehlen.
Trotzdem ist nicht zu bestreiten, dass es ein starkes wirtschaftliches Gefälle zwischen dem reichen Norden und dem armen Süden gibt, was auch ein krasses soziales Ungleichgewicht im Umgang miteinander produziert. Es ist weiterhin ein hierarchisches Verhältnis und keines unter gleichberechtigten Partnern. „Der Westen behandelt Afrikaner wie Kinder“, beklagte Veye Tatah. Die Ursachen dafür liegen tief. Die eurozentrische Sichtweise stelle nach wie vor die Ungleichheit von Völkern und Kulturen heraus. Europa sei unhinterfragt in allen Wissens- und Lebensbereichen überlegen. Diesem Stereotyp nach habe der schwarze Kontinent ohne Europa gar keine Errungenschaften vorzuweisen. Afrika gelte als der geschichtslose Kontinent ohne Hoffnung. Kindern im Westen werde schon in der Schule eingetrichtert, Europa müsse Afrika helfen. Schulkinder sammelten in ihrem kleinen Umfeld, um einen ganzen Kontinent zu retten. In Wahrheit aber wird dieser Kontinent kleingehalten durch westlichen Protektionismus und westliche Subventionspolitik. Doch das Gewissen ist beruhigt, wenn man Afrikanern wenigstens ein bisschen Mildtätigkeit zukommen lässt.
Es sei die „Kolonialisierung in den Köpfen“, die mehr als sechzig Jahre nach der Unabhängigkeit der meisten afrikanischen Staaten noch immer tief drinstecke, so Veye Tatah. Doch die kolonialen Klischees sitzen nicht nur in europäischen Köpfen, sondern auch in afrikanischen, wenn sie Europa ausschließlich für das Paradies halten, in dem bloß Reiche und Schöne wohnen. (Veye Tatah wies ausdrücklich darauf hin, dass die ausnahmslos positiven Bilder aus Europa den Fluchtwunsch von Afrikanern verstärken.) Die „Gehirnwäsche“, die bei den kolonialisierten Menschen in Afrika hinterlassen wurde, sei immer noch präsent. „Die dadurch entstandene ‚Denkweise‘ ist meiner Meinung nach eine der gravierendsten Ursachen für die Entwicklungsstagnation mancher Länder“, schreibt sie in einem Editorial ihres Magazins.
Die „Gehirnwäsche“ bestehe darin, dass schwarz sein gleichbedeutend sei mit nichts wert sein, weiß dagegen für das Positive stehe. „Diese Faktoren haben das Selbstbewusstsein vieler schwarzer Menschen in den Kolonien gebrochen und sie zu unmündigen Bürgern gemacht. Die daraus entstandenen Minderwertigkeitskomplexe werden von Generation zu Generation weitergegeben.“
Der koloniale Blick
Wie aber können die Köpfe wieder frei werden von den jahrzehnte- und jahrhundertelang eingeimpften Zerrbildern? Wie kann es gelingen, sich aus der mentalen Sklaverei zu befreien – frei nach Bob Marley: „Emancipate yourself from mental slavery“? Die Weingartener Afrikagespräche haben versucht, einen Beitrag zu einer gelösten, unverfälschten Sichtweise zu leisten durch die „Decodierung des kolonialen Blicks“, der nach wie vor und vor allem durch die Film- und Fotoindustrie befördert werde.
Dass die Enttarnung der Seh- und Denkgewohnheiten dringlich ist, ist offenkundig. Erstens zwingt uns die Migration das Thema Afrika auf. Zweitens hat jede Migration die Integration dauerhaft Vertriebener im Schlepptau. Eine entscheidende Rolle kommt den Medien zu, weil sie die Wahrnehmung maßgeblich bestimmen. Laut dem Medienwissenschaftler Janis Brinkmann ist es unstrittig, „dass Medien je nach Darstellung der Minderheit in ihrer Berichterstattung integrationsfördernd oder integrationshemmend wirken können“. Die Integrationsfähigkeit hängt also auch davon ab, welches Afrikabild die Medien transportieren und auf welche vorgefertigten Vorstellungen Informationen treffen – und die seien, so die These, von einem kolonialen, mitunter rassistischen Blick geprägt, wie ihn Edward Said, einer der wichtigsten Vertreter der Dekolonialisierung, aufgezeigt hat.
Triebgesteuert und denkblockiert
In diesem Blick wird Afrika reduziert zu einem Kontinent der Kriege und Despoten. Es wird verallgemeinert, als ob ganz Afrika arm sei. Die eigene Position wird überhöht, als ob nur der Weiße Stil habe und Fortschritt garantiere. Ungleiche Machtverhältnisse werden festgeschrieben: hier die mächtigen weißen Geber, dort die schwarzen Hilfsbedürftigen. Koloniale Bildwelten zeigen die einheimische Bevölkerung ohne moderne Merkmale. In Filmen überwiegen Landschaft, Tiere, Dorfbewohner. Dass ungleich mehr Menschen in (Mega-)Städten leben, die in der Außenansicht Metropolen in Asien, Amerika oder Europa in nichts nachstehen, kommt nicht vor, auch nicht, wie viele Milliardäre es in Afrika gibt. Im angolanischen Luanda waren die Immobilienpreise zeitweise höher als in Tokio, Peking, Moskau, New York oder London. Harare, die Hauptstadt Simbabwes, in der bis vor kurzem der 93-jährige Despot Robert Mugabe 37 Jahre lang an der Macht war, wirkt wie eine moderne westliche oder fernöstliche Metropole. In den meisten afrikanischen Großstädten gibt es extreme Armut neben enormem Reichtum. Neben dem Slum steht das luxuriöse Shopping-Center.
Der Film „Die weiße Massai“ von Hermine Huntgeburth ist ein Beispiel für ein rassistisches, koloniales Blickregime. Eine weiße Frau geht eine Beziehung mit einem Massai ein. Sie steht für Kultur, er für die wilde Natur. Die Wissenschaftlerin und Filmemacherin Julia Dittmann arbeitete auf der Akademietagung heraus, wie afrikanische Männer infantilisiert und zugleich hypertriebhaft dargestellt werden. Sie werden dehumanisiert, indem man ihnen keine zwischenmenschlichen (Liebes-)Gefühle oder Zärtlichkeit zugesteht. Sie werden als rückständig, sprachlos und denkblockiert dargestellt. Weißsein dagegen wird als Herrschaftssymbol gesehen, das Zugang zu gesellschaftlichen Machtpositionen eröffnet.
Zu hinterfragen sind auch Porträtfotos. Vor allem Kindergesichter sind ein Genre, das von NGOs oder Unicef gerne verwendet wird. Das Problematische: Es gibt keine oder nur spärliche Angaben zu den abgebildeten Kindern. Selten dienen sie dazu, sich politisch für Kinder einzusetzen, indem man zum Beispiel eine nachhaltige Kampagne für Bildung fahren würde. Vielmehr geht es um den vordergründigen Effekt. Kinder sind darauf reduziert, den Betrachter in seiner Empathiefähigkeit zu umwerben. Die Gesichter erregen Interesse, weil der Betrachter – ohne die geringste Ahnung zu haben – zu wissen meint, was die Person mit diesem Gesicht durchgemacht haben muss. Sie sind wirkmächtig, weil sie für den Betrachter eine Projektionsfläche abgeben. Die Abgebildeten selbst sprechen nicht, über ihre wahren Probleme erfahren wir nichts. In Weingarten wurden diese Art Fotos decodiert – selbst wenn sie von einem sozial engagierten Fotografen wie dem Brasilianer Sebastião Ribeiro Salgado aufgenommen wurden: Sie dienten in erster Linie dazu, das Spendenaufkommen hochzujagen, die „Hilfsorganisationsmaschinerie“ am Laufen zu halten und der Clickoptimierung bei Google.
Neben Film und Fotografie hilft die Sprache, vorhandene Stereotype zu festigen und die Haltung großer Teile einer Gesellschaft zu lenken, indem Stimmungen erzeugt werden. Nanna Heidenreich wies auf den verbalen Unterschied hin, das Jahr 2015 mit „Flüchtlingskrise“, „Flüchtlingsstrom“, „Flüchtlingslawine“ zu verbinden oder aber mit dem „Sommer der Migration“. Den Slogan „Das Boot ist voll“ nannte die Medien- und Kulturwissenschaftlerin einen Spruch zur „Durchsetzung von Entrechtung“. Wenn das Boot voll ist, kann auch das Recht keinen Platz mehr schaffen. Dagegen brachte sie Hannah Arendt in Anschlag, die das „Recht auf Rechte“ einforderte.
„Das Boot ist voll“
Der Satz „Das Boot ist voll“ wurde übrigens 1942 vom Schweizer Bundesrat Eduard von Steiger in einer Rede auf einem christlichen Blasmusikfest in Hürlikon unter einem Banner mit der Aufschrift „Euer Meister Christus“ kreiert. Es war der Versuch, die Schweizer Flüchtlingspolitik während des Zweiten Weltkrieges zu rechtfertigen, als das Land die Grenzen dichtmachte und von den Nazis Verfolgte abwies, zugleich tausende jüdische Flüchtlinge den Deutschen auslieferte. Schülerinnen aus Rorschach am Schweizer Ufer des Bodensees schrieben damals einen Brief an die Regierung: „Sehr geehrte Herren Bundesräte, wir können es nicht unterlassen, Ihnen mitzuteilen, dass wir in den Schulen aufs Höchste empört sind, dass man die Flüchtlinge so herzlos wieder in das Elend zurückstößt.“
In dem Vierteljahrhundert seit dem fiktiven Film „Der Marsch“ ist zu wenig geschehen, um die Lebensumstände von Menschen während der Flucht, nach der Flucht, vor allem aber vor der Flucht zu verbessern. Vielleicht wären die Ursachen radikaler und konsequenter zu bekämpfen, vielleicht wären wir für Integration offener, wenn wir ein allzu simples Bild von Afrika aufbrechen und Komplexität ertragen lernen würden.