Berlin first: Der lange Abschied vom Christentum

Das Allensbacher Meinungsforschungsinstitut hatte vor Weihnachten bekanntgegeben, dass die „Kernbestände des Christentums“ in Deutschland massiv an Bedeutung verlieren. Dabei gleicht sich der Westen der Bundesrepublik mehr und mehr dem stark atheistisch geprägten Osten an. An die „Auferstehung der Toten und das Reich Gottes“ glaubten 1986 noch 38 Prozent der Westdeutschen, jetzt sind es nur noch 28 Prozent. Auch unter den vermeintlich glaubensfesten Katholiken wird die Bindung an die eigene Religion schwach und schwächer.

Wie Thomas Petersen vom Demoskopie-Institut feststellt, handelt es sich um einen „langen Abschied vom Christentum“. Die Zahlen seien eindeutig. „Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörten mehr als 90 Prozent der Deutschen in Ost und West einer der beiden großen christlichen Konfessionen an. Nach der Wiedervereinigung waren es noch 72 Prozent. Heute gehören noch 55 Prozent der Deutschen der evangelischen oder katholischen Kirche an.“ Was den Glauben selber – und nicht nur die Kirchenzugehörigkeit – betrifft, zeigten alle Umfragen, dass „die Entchristlichung der Gesellschaft in Wirklichkeit noch weiter vorangeschritten“ ist.

Diese Entwicklungen verändern nun auch den öffentlichen Anspruch der Religion. Mehr und mehr verlangen auch religiös distanzierte bis religionsfeindliche gesellschaftliche Gruppierungen und Verbände, mit den Kirchen rechtlich gleichgestellt zu werden. Ein erster Schritt ist nun in der Hauptstadt Deutschlands erfolgt: Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg ist seit Januar den Kirchen als Körperschaft des öffentlichen Rechts gleichgestellt. Die Weltanschauungsgemeinschaft feiert ihren Erfolg am 14. Januar mit einem Festakt, an dem auch der Berliner Kultursenator Klaus Lederer von den Linken teilnehmen wird.

Mit dem Körperschaftsstatus sind rechtliche und finanzielle Regelungen verbunden, unter anderem die öffentlich-rechtliche Dienstherrenfähigkeit, also die Erlaubnis, Beamte zu beschäftigen, sowie die Befreiung von der Körperschaftssteuer und gegebenenfalls auch von der Grunderwerbssteuer und der Grundsteuer. Lederer hatte dem Senat die Anerkennung vorgeschlagen. Er würdigte das Engagement der Humanisten „um eine freigeistige humanistisch-wissenschaftliche Weltanschauung“ als „wichtige Bereicherung in der kulturell vielfältigen, multireligiösen und eben auch säkularen Stadt Berlin“.

Der Humanistische Verband Berlin-Brandenburg hat 13000 Mitglieder. Er richtet Jugendweihen aus und betreibt rund fünfzig Einrichtungen wie Sozialstationen und Kindertagesstätten. Zudem bietet der Verband Lebenskundeunterricht an öffentlichen Schulen an, an dem rund 60000 Schülerinnen und Schülern teilnehmen.

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