In Frankreich wurden im vergangenen Jahr 97 antisemitische Taten gemeldet. Das sind zwanzig mehr als im Jahr zuvor, 48 mehr als Angriffe gegen Muslime. Antisemitismus ist in Frankreich ein infolge der dschihadistischen Infiltration viel diskutiertes Thema. Mit einer halben Million Menschen lebt in Frankreich die größte jüdische Gemeinschaft Europas.
Zum Beispiel ist in Sarcelles, einem Pariser Vorort, neulich ein Achtjähriger von zwei Fünfzehnjährigen angegriffen worden, weil er eine Kippa trug. Dass es sich um einen Akt des Antisemitismus gehandelt hat, bestätigte wenig später der französische Staatspräsident Emmanuel Macron. Francis Kalifat, Vorsitzender des Repräsentativen Rates der jüdischen Institutionen von Frankreich, erklärt in der Tageszeitung „La Croix“, es gebe Viertel, in denen Juden nicht mehr sicher sind. Sorge und Unsicherheit breiten sich unter französischen Juden aus.
Kalifat fordert, dass die Justiz den Angreifern eine eindeutige Botschaft sendet. Schwere Strafen müssten verhängt werden, um abzuschrecken. Schulen sollten Antisemitismus bekämpfen. Man dürfe nicht länger hinnehmen, dass manche Lehrer Angst haben, von der Shoah oder dem Nahostkonflikt zu sprechen. „Es muss parallel geahndet und unterrichtet werden.“
Im Bereich Antisemitismus habe das Land eine der gelungensten und repressivsten Gesetzgebungen, so Kalifat. Aber man müsse sie anwenden. Über das Mitgefühl der Regierung hinaus erwarte die jüdische Gemeinde Taten. So sieht es auch Frédéric Potier, Antisemitismus-Beauftragter der Regierung. Im Frühjahr soll ein Plan für den Kampf gegen den Antisemitismus präsentiert werden. Neben Projekten in Schulen sieht dieser auch ein verschärftes Vorgehen gegen Antisemitismus im Internet vor.