Ostern ist keine Feier eines vergangenen Ereignisses. Das Alleluja gilt nicht dem, was war, Ostern proklamiert einen Anfang, der schon über die fernste Zukunft entschieden hat. Auferstehung sagt: Der Anfang der Herrlichkeit hat schon begonnen. Und was so begonnen hat, das ist daran, sich zu vollenden! Es dauert lang? Es dauert Jahrtausende, weil es wenigstens dieses kurzen Augenblicks bedarf, damit eine unübersehbare Fülle der Wirklichkeit und der Geschichte sich durch den kurzen Todesschmerz einer ungeheuerlichen Verwandlung (den wir Natur- und Weltgeschichte nennen) zu ihrer herrlichen Vollendung durchzwängen kann. Alles ist in Bewegung. Nichts hat hier eine bleibende Stätte. Wir sagen „Ostern“, Auferstehung. Und das heißt: Es hat schon begonnen, die endgültige Zukunft hat schon angefangen. Die Verklärung der Welt ist kein Ideal und kein Postulat, sondern eine Wirklichkeit.
Die Stelle, wo solcher Anfang des vollendeten Endes erschienen ist, heißt Jesus von Nazaret, der Gekreuzigte und Auferstandene. Weil sein Grab leer ist, weil er, der tot war, sich als der Lebendige in der einen Ganzheit seiner konkreten Menschheit erwiesen hat, darum wissen wir: Es hat alles schon wirklich begonnen, gut zu werden. Es ist noch ungefähr alles unterwegs. Aber unterwegs zu einem Ziel, das nicht ein utopisches Ideal, sondern eine schon da seiende Wirklichkeit ist. Denn das Ende hat schon begonnen. Und es ist Herrlichkeit.
Karl Rahner aus: „Eigentlich ist Ostern ganz anders“ (Herder, Freiburg 2018)