Die Zunahme antisemitischer Straftaten hat auch damit zu tun, dass Religion immer mehr aus dem öffentlichen Raum verschwindet. Dieser Ansicht ist Maram Stern, stellvertretender Geschäftsführer des Jüdischen Weltkongresses. Vielen Menschen hierzulande sei das Judentum fremd, schreibt er im „Spiegel“. „Sie fragen sich: Müssen diese Juden denn ihre Religion so offen zur Schau stellen? Können die ihre archaischen Riten und Bräuche – Beschneidung und Schächten etwa – nicht endlich abschaffen? Oder sollten wir das nicht gleich ganz verbieten?“ Durch ein Verbannen von Religion aus der Öffentlichkeit, was vor allem im Westen geschieht, werde die Fremdheit noch verstärkt. Deshalb sei eine solche Einschränkung der Religionsfreiheit abzulehnen, so Stern. Man verteidige die westliche Werteordnung nicht durch eine Aufgabe dieser Werte, „sondern indem man seine Werte anderen vorlebt und ihnen dadurch zu Akzeptanz verhilft … Wem wirklich daran liegt, dass der Antisemitismus zurückgedrängt wird oder ganz verschwindet, der muss das Anderssein zulassen. Der muss aushalten, dass Menschen auf der Straße mit Kippa, Kopftuch oder im Minirock rumlaufen.“