Weltweit hat die Entscheidung der australischen Justiz, Kardinal George Pell, den Präfekten des vatikanischen Wirtschaftssekretariats, vor Gericht zu stellen, Aufsehen erregt. Er ist der erste Kardinal, dem wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs an Jugendlichen der Prozess gemacht wird. Nach vierwöchiger Untersuchung und Anhörung vieler Zeugen hatte die Richterin Belinda Wallington das Verfahren eröffnet.
Die konkreten Einzelheiten sind nicht bekannt, da in Australien die Regel gilt, dass es zum Zeugen- wie zum Angeklagtenschutz gehört, die untersuchten Straftatbestände nicht öffentlich zu machen. Laut einigen Anschuldigungen soll Pell als junger Priester in den siebziger Jahren in einem Schwimmbad übergriffig geworden sein. In einem Fall, der in die neunziger Jahre zurückreicht, legt ein Betroffener Pell sexuelles Fehlverhalten während seiner Zeit als Weihbischof in Melbourne zur Last. Der Kardinal hat bisher alle Vorwürfe bestritten und sich als „nicht schuldig“ bezeichnet.
Die Reporterin der Tageszeitung „La Croix“ notierte, dass die australische Bischofskonferenz Pell weiterhin als „einen ausgesprochen redlichen Menschen“ verteidigt. Der jetzige Erzbischof von Melbourne, Denis Hart, „bevorzugte es, sich jedes Kommentars zu enthalten, und wies auf der Website der Diözese darauf hin, dass er volles Vertrauen in das Justizsystem“ habe. Vatikansprecher Greg Burke gab rein sachlich bekannt, dass der Vatikan „die Entscheidung des Gerichts zur Kenntnis“ nimmt.