Künstliche Intelligenz (KI) bedeutet, dass Maschinen mit hoher Rechenleistung dem menschlichen Gehirn nahekommen oder es gar übertreffen können. KI-Optimisten erwarten, dass Computer demnächst nicht nur nach Programmen arbeiten, die von Menschen vorgegeben wurden, sondern sich selbst programmieren und damit Gehirn-ähnlich arbeiten werden. Als noch spekulativ, aber denkbar gilt zudem die Idee, das Gehirn auszulesen und auf digitale Träger zu übertragen (human uploading). Falls man einem solchen Datenspeicher Personencharakter zubilligt und man das Personsein allein auf das Gehirn bezieht, entstünde so eine digitalisierte Person. Wer wäre ihr Schöpfer, der Mensch oder der Superrechner?
KI und „Uploading“ gehören nicht ins Reich der Science Fiction, an ihnen wird ernsthaft geforscht. Bezeichnet werden diese Verfahren als „Transhumanismus“. Der Begriff geht auf den britischen Biologen Julian Huxley zurück, der 1951 feststellte: „Die menschliche Spezies kann, wenn sie es wünscht, sich selbst transzendieren.“ Julian gilt, anders als sein Bruder Aldous („Schöne neue Welt“), als überzeugter Befürworter neuer Technologien. Unter Transhumanismus fällt heute auch eine große Bandbreite von Methoden zur Optimierung, Heilung oder Lebensverlängerung des Menschen (human enhancement). Die Grenzen zwischen Therapie und Optimierung verschwimmen dabei, etwa bei der Verabreichung von Drogen oder der Implantation von Schrittmachern in Herz oder Hirn. Eine Renaissance erfährt derzeit die Eugenik, der sich zum Beispiel mit Präimplantations- und Pränataldiagnostik oder Manipulationen am Genom neue Spielfelder eröffnet hatten.
Solche Themen behandelt der vorliegende Sammelband. Er geht auf eine Tagung zum Transhumanismus zurück, die 2017 in Münster stattfand. Zwanzig zumeist jüngere Wissenschaftler mit theologischem, philosophischem, naturwissenschaftlichem Hintergrund und einem Blick über den Tellerrand der Disziplinen hinweg untersuchten die aktuellen Verfahren zur Menschenoptimierung, ihre ethischen Folgen und historischen Hintergründe. Die Beiträge geben sich frei von Vorurteilen und Ängsten und dennoch kritisch. Eins der spannendsten Sachbücher, die dem Rezensenten in letzter Zeit untergekommen sind.