In einem beispiellosen, alle höchsten Führungspersonen der Kirche betreffenden Akt der Reue (und der Einsicht?) haben 34 Bischöfe Chiles nach einem Krisentreffen mit dem Papst ihren Rücktritt angeboten. Der Termin im Vatikan hatte auf ausdrücklichen Wunsch von Franziskus I. stattgefunden, der mit den Bischöfen über den Skandal sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Priester gesprochen hat. „Wir möchten den Papst, das Volk Gottes und das Land um Verzeihung bitten für den Schmerz der Opfer und unsere schweren Fehler“, sagte ein Sprecher der Bischofskonferenz.
In Chile soll der Priester Fernando Karadima, der Kinder sexuell missbraucht hat und vom Vatikan 2011 verurteilt worden ist, jahrelang gedeckt worden sein. Aus seinem Umfeld gingen mehrere Bischöfe hervor, darunter auch Juan Barros von Osorno, der von Opfern Karadimas der Mitwisserschaft beschuldigt wird. Auch der Papst selbst war wegen seines Umgangs mit den Missbrauchsfällen in die Kritik geraten, weil er die Vorwürfe gegen Bischof Juan Barros noch bei seinem Chile-Besuch im Januar als „Verleumdungen“ bezeichnet hat. Wenig später hatte er allerdings öffentlich bedauert, mit seiner Haltung mögliche Opfer verletzt zu haben. Vorwürfe gibt es ebenfalls gegen Kardinal Francisco Javier Errázuriz, den früheren Hauptstadt-Erzbischof. Er soll Karadima vor Strafverfolgung geschützt haben.
Nun liegt es am Vatikan, über das Schicksal der Bischöfe zu entscheiden. Die FAZ kommentierte: „Über das Fehlverhalten Einzelner hinaus muss das System Kirche mit seinen männerbündisch-klerikalen Mentalitäten als ‚Ermöglichungsstruktur‘ in den Blick genommen werden.“
In einer früheren Fassung der Nachricht hatten wir fälschlicherweise berichtet, der Papst hätte Vorwürfe gegen den Priester Karadima als "Verleumdung" bezeichnet. Es ging aber um Bischof Juan Barros.