Der kürzlich verstorbene Dirigent Enoch zu Guttenberg, der sich selbst als „absolut atheistisch“ bezeichnete, konnte in der Musik oft vorübergehend seinen Glauben wiederfinden: „Wenn ich die Matthäuspassion dirigiere, dann hab ich vom ersten Ton an auf einmal überhaupt keinen Zweifel mehr“, sagte er dem „Cicero“-Magazin im Jahr 2009. „Mit dem letzten Ton“ sei der Glaube aber wieder weg. „Dann gehe ich raus, hänge den Frack an den Haken und bin verzweifelt, weil ich das Gefühl habe, ein Sprachrohr gewesen zu sein für etwas, das mir abhandengekommen ist.“ Er habe sehr unter seinem „Abschied vom eigenen Glauben“ gelitten. Wenn er einen Wunsch frei hätte, so zu Guttenberg, dann „wieder so glauben zu können, wie ich es als Kind, sogar noch als junger Dirigent getan habe“. Mit seinen Kindern habe er täglich gebetet, „weil ich finde, sie können erst für oder gegen etwas entscheiden, wenn sie es kennen“. An die Existenz Gottes konnte zu Guttenberg selbst jedoch nicht glauben, „schon gleich nicht an ein Leben nach dem Tod“.
Zu Guttenberg engagierte sich für den Umweltschutz – inspiriert vom biblischen Schöpfungsbericht. Bereits Jahrhunderte vor der Urknalltheorie beginne schon Haydns Ouvertüre zur Schöpfung „mit einem riesigen Krawumms“. Die Schöpfung habe vielleicht nicht sieben Tage, sondern sieben Äonen gedauert, doch „dass diese Welt endlich ist, das hat die Bibel erzählt, und die Agnostiker haben es begriffen“. Abbild Gottes könne der Mensch jedoch nur in seinen Fähigkeiten zur „Selbstaufgabe in Liebe“ sowie zu künstlerischen, musikalischen und literarischen Schöpfungen sein: „Darin sind wir Abbild Gottes… Darum mache ich Kunst.“