Die Theologie muss sich ihrer historischen Kontexte immer bewusst bleiben. Auch Glaubenssätze, die Dogmen als verbindliche Lehraussagen, sind aus ihren geschichtlichen Zusammenhängen zu verstehen. Sie sind „weder überzeitlich noch absolut formuliert“, vielmehr meist als „abwehrende Reaktion auf irgendwelche kritischen Herausforderungen“ entstanden. Daran hat der Magdeburger Bischof Gerhard Feige anlässlich einer Tagung zu Ehren des Erfurter Fundamentaltheologen Michael Gabel erinnert. Stets sei mitzubedenken, dass sich die Dogmen „bei aller Wahrheit, die sie bezeugen, zugleich doch auch schon von vornherein als defizitär, und das heißt: sowohl formal als auch inhaltlich und sachlich begrenzt“ erweisen.
Wenn sich neue Einsichten ergeben, wird es notwendig, die Dogmen in einen anderen Kontext zu „übersetzen“. Christentum, Kirche und Theologie hätten zwar mit unveränderlichen Wahrheiten zu tun, die geschichtliche Dimension präge aber wesentlich das Glaubensverständnis. „Um die eigene Identität und auch andere Traditionen besser verstehen zu können, um gegebenenfalls Konflikte zu entschärfen und verantwortbare gemeinsame Lösungen für Gegenwart und Zukunft zu finden, kann man nicht darauf verzichten, die historische Dimension aller Äußerungen und Entwicklungen in gebührender Weise zu berücksichtigen.“ Andernfalls besteht die Gefahr, „wirklichkeitsfremd zu werden und sich ideologisch abzukapseln“.