Die Gegenwart Gottes zu spüren, ist eine Sache des Bewusstseins. Eine Sache, wie man sich am Jetzt erfreut. Eine, wie man das eigene Gegenwärtigsein vertieft. Es gibt diese Augenblicke. In ihnen erhält das Leben ganz eigenen Sinn. Kontemplation und Meditation helfen uns dabei, offen für diesen Weg zu werden, uns selbst zu öffnen für die Präsenz des Göttlichen im Alltag.
Wenn es mir zukommt, dass ich das Geheimnis hier, in diesem Leben, schauen kann, dann vermag ich das Geheimnis auch in meinem Mitmenschen zu schauen. Ich bin womöglich fähig, das Abbild Gottes in allen Dingen zu erkennen. Schließlich wird die Schau zu einem Einheitserlebnis.
Dieses Schauen geschieht in begnadeten, augenblicksartigen, flüchtigen Blicken und durch absichtliches, lebenslanges Üben… Es gibt so viele Wege, sich für die Kommunion und das Gegenwärtigsein zu öffnen: vom Sitzen im Schweigen, über Trommeln, Tanzen, Singen bis hin zum absichtslosen Sein in der Natur. Bisweilen klingt das furchtbar simpel, doch verachte nicht die Kraft und Tiefe dieser mitunter kindartigen Erfahrung: die des Gegenwärtigseins im Geheimnis.
Richard Rohr (Franziskaner und geistlicher Lehrer; im Newsletter des „Center for Action and Contemplation“, 2018)