Nach dem langen Hin und Her in den Sondierungsverhandlungen für eine mögliche Koalition und nach der Klausurtagung der CSU hat der ehemalige bayerische Kultusminister, Kultur- und Politikwissenschaftler Hans Maier scharf die Parteien wie auch seine Partei kritisiert. „Nach dem peinlichen Blackout in Berlin – hundert Tage sind vergangen, und noch immer steht keine neue Bundesregierung – sollte man wohl von allen Parteien – von allen! – wenigstens einen Hauch von Erschrecken, von nachdenklichem In-sich-Gehen erwarten“, schrieb Maier in einem offenen Brief an die Landesgruppe der CSU. Parteien seien „kein Selbstzweck“, sondern „Dienstleistungsbetriebe“, wie schon Franz Josef Strauß formulierte. Sie „haben Aufgaben zu erfüllen und nicht sich eitel in Szene zu setzen“. Von einer solch selbstkritischen Besinnung sei leider auch bei der CSU-Tagung wenig zu spüren gewesen.
„Statt Auftrumpfen müsste die CSU jetzt – wie andere Parteien auch – Dienstwilligkeit und Hilfsbereitschaft lernen, die Fähigkeit, andere anzuhören und auf sie zuzugehen, die Kunst, mit Gegnern zu streiten, aber sie nicht zu beschimpfen. Auch eine Prise Gelassenheit und Humor täten gut. Davon verspürt man gegenwärtig beim öffentlichen Schaulaufen der alten und neuen Protagonisten wenig.“ Auch die thematischen Schwerpunkte der bayerischen Partei kritisierte Maier. Könne eine „Partei, die das C im Namen führt“, eine Flüchtlingspolitik vertreten, „in der das Wort Nächstenliebe und das elementare Verständnis für Verfolgte fehlen? Will sie sich im Ernst in der Europapolitik statt an Macron an Orban orientieren?“