Die Eltern sind die ersten Glaubenslehrer ihrer Kinder. Sie sind auch die vertrauenswürdigsten Zeugen des Glaubens, wenn es zum Beispiel um die Vorbereitung auf das Sakrament der Erstkommunion geht. Ja sie haben die entscheidende Kompetenz, den Nachwuchs ins Christentum und ins sakramentale Leben einzuführen. Davon ist der Religionspädagoge Albert Biesinger, der Anfang August siebzig wird, überzeugt. Er ist aufgrund seiner Erfahrungen mit der basis-befreiungstheologischen Katechese in Lateinamerika seit langem darin engagiert, auch im deutschsprachigen Kulturraum eine „Revolution religiöser Erziehung“ anzustoßen. „Wir dürfen Kinder nicht um Gott betrügen.“ Ein entsprechendes Buch hat inzwischen Rekordauflagen erreicht, was auch ein Bedürfnis junger Eltern spiegelt.
Der katechetische wie forschungsbegleitende Einsatz Biesingers, der eine Professur in Salzburg und später in Tübingen innehatte, hat viele Früchte getragen. Eine Artikelserie 1995 in dieser Zeitschrift führte zu weitergehenden Publikationen, Vorträgen, Projekten. Das Buch „Gott in die Familie. Kommunionweg als Familienkatechese“ wurde ebenfalls viele Male aufgelegt. Gegründet wurde auch eine Stiftung „Gottesbeziehung in Familien“. Er wolle Glaube und Religion zu einem öffentlichen Thema machen, sie aus der „niedlichen Ecke“ herausholen, so Biesinger. „Religion soll so selbstverständlich werden im familiären Erziehungsangebot wie Fußball, Ballett oder musikalische Früherziehung.“
Einwände, er würde Eltern, die ohnehin bereits weit weg von kirchlicher Bindung sind, mit einer derartigen Initiative religiöser Bildung überfordern, weist er zurück. „Wir dürfen als Kirche Eltern auch religiös etwas zutrauen“, ist er überzeugt. Biesinger geht es entgegen der heute oft zu hörenden These, Religion müsse „Werte vermitteln“, um weit mehr als das. Gott sei mehr als Moral, Ethik, und religiöse Erziehung durch die Eltern, die dadurch eine Anstrengung zu eigener Glaubensentwicklung erhalten, sei zum Aufbrechen da.
Albert Biesinger sieht in umfassender und moderner religiöser Bildung auch eine wichtige Grundlage für echten Lebenssinn, für Freude am Leben – für das Diesseits und gegen die Sterblichkeit eine Hoffnung auch auf das Jenseits bei Gott. Diese Haltung hat Biesinger in vielen ökumenischen Initiativen zusammen mit dem evangelischen Fachkollegen Friedrich Schweitzer vermittelt.
Für den fröhlichen, ja frohgemuten Herzens- und Familienmenschen Albert Biesinger, der seit 1982 Diakon ist und vier Kinder hat, wurde dieses Engagement zu seiner Lebensaufgabe. Wie ein Sämann streut er seine Ideen aus, wofür er auch kirchenamtliche Engstirnigkeit zu überwinden hatte. Der entscheidende Glaubenssinn wird in den Familien geweckt und gekräftigt – heute ebenso wie früher. Biesingers Stärke ist das unvoreingenommene und sachliche Gespräch mit den Suchenden, das einen Konflikt nicht scheut und dennoch davon ausgeht, dass die Saat aufgeht. So war Biesinger mit seiner Vision sogar in China unterwegs. Er weiß freilich auch, dass es noch in anderen Händen liegt, ob und wie die christliche Saat aufgeht.