Augustinus spricht häufig vom Herzen des Menschen, und er tut dies in einem Sinne, wie er uns auch heute noch vertraut ist. Herz nennt er das Wahrnehmungsorgan, das den „inneren Menschen“ ausmacht. Im Herzen spielt sich die Gottesbeziehung ab: „Kehre ins Herz; betrachte dort, was du vielleicht von Gott wahrnimmst, weil sich dort das Ebenbild Gottes befindet. Im Inneren des Menschen wohnt Christus; im Inneren des Menschen wirst du nach dem Ebenbild Gottes erneuert: Erkenne in seinem Ebenbild dessen Urheber.“
Im Herzen geschieht die Selbst- und Gotteserkenntnis, die für Augustinus wesentlich ist für den eigenen Weg zu Gott. Wenn wir meditieren, in unser Herz hinabsteigen, dann werden wir unserer selbst inne. Wenn wir die Augen schließen und hinhorchen, was in uns vorgeht; wenn wir den äußeren Lärm und die Eindrücke des Tages, Begegnungen, Gespräche, Alltagsgedanken langsam vorbeiziehen lassen, dann stellt sich in uns eine Ruhe ein, die wir vielleicht als göttlich empfinden mögen. Im Loslassen dessen, was uns alltäglich beschäftigt und teils auch fesselt, fangen wir hin und wieder Fragmente auf, die uns etwas über uns selbst sagen.
Thomas Fries in: „Empfangt, was ihr seid“ (Echter, Würzburg 2018)