Seit der Abschaffung der Wehrpflicht diskutiert Deutschland immer wieder – und gerade aktuell – darüber, ob ein Jahr Dienst an der Allgemeinheit für junge Menschen Pflicht sein sollte. Der Welt-Journalist Holger Kreitling hält das für eine gute Idee: „Arbeit im sozialen Bereich hält wertvolle Lehren bereit, die jungen Menschen sehr lange von Nutzen sind. Generationen von Zivildienstleistenden … haben enorm von diesen Lektionen profitiert, sei es, indem Demut und Mitgefühl und das befriedigende Gefühl von Hilfe erfahren wurden, oder sei es, dass der Ansporn für weitere Ausbildungen entstanden ist. Nicht zuletzt wächst bei einem sozialen Engagement neben Selbsterkenntnis stets etwas, was altmodisch die sittliche Reife genannt wird. Keine schlechte Sache.“
Über solche sozialen Pflichtdienste wird derzeit in ganz Europa gesprochen. Die belgische Tageszeitung „De Standaard“ wünscht sich mehr Verantwortung für die Gesellschaft. Karel Verhoeven schreibt: „Der Wehrdienst wird als eine Art von Bürgerengagement gegenüber der Nation gesehen. Und einen Mangel an Bürgerengagement fühlt man überall in Europa… Die Beziehung zwischen dem Nationalstaat und seinen Bürgern ist zu berechnend geworden. Der Bürger positioniert sich gegenüber dem Staat wie ein Verbraucher… Doch Bürger einer Nation sein ist eine Verantwortung. Die muss einem zugewiesen werden. Die Vorstellung, dass dafür jeder zur Armee muss, ist längst Vergangenheit. Schuhe putzen in einer Kaserne ist dumme Zeitverschwendung. Aber die Diskussion darüber, wie wir Bürger uns mehr engagieren können, muss geführt werden.“