Junge Erwachsene schätzen ihre „autoritativen“ Eltern

Es ist erstaunlich, wie sich das Verhältnis von Kindern und Eltern innerhalb von nur einer Generation verändert hat. „Krawallige Gegensätze zwischen jungen Leuten und ihren Eltern sind heute die Ausnahme, stattdessen gibt es viele Gemeinsamkeiten“, etwa beim Kleidungsstil, sowie beim Musik- und Filmgeschmack. Das schreibt die Journalistin Susanne Zehetbauer in der Zeitschrift „KDFB Engagiert – Die christliche Frau“. Neunzig Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen beschreiben ihr Verhältnis zu ihren Eltern als gut oder sogar als bestens. Und drei Viertel der Befragten würden ihre eigenen Kinder so erziehen, wie ihre Eltern sie selbst erzogen haben. Das habe auch die Shell-Jugendstudie ergeben. Seit den Achtzigerjahren ist dieser Wert immer weiter angestiegen.

Heute werden Meinungsverschiedenheiten zwischen Kindern und Eltern „auf der Suche nach Kompromissen ausdiskutiert, und nicht einmal Politik sorgt noch für echte Konfrontation“. Die Familie ist für junge Leute eine „sichere Basis, wo es Rat und Rückhalt, emotionale Unterstützung und manchmal einen Schokoladenpudding gibt“. Dafür ist, so Susanne Zehetbauer, ein veränderter Erziehungsstil verantwortlich, der sich nach den Freiheitsbewegungen von 1968 entwickelt hat. Susanne Zehetbauer zitiert die Psychologin Eva-Verena Wendt vom Deutschen Jugendinstitut in München. Den heute häufig angewandten Erziehungsstil nennt sie „autoritativ“; er zeichne sich durch „ein hohes Maß an Nähe und ein hohes Maß an Kontrolle“ aus. Das bedeutet: „Eltern interessieren sich für ihre Kinder und wissen über sie Bescheid.“ Gerade Heranwachsende erwarten von ihren Eltern „klare Standpunkte, an denen sie sich messen und reiben“ können. Junge Erwachsene und Eltern wollen miteinander wichtige und persönliche Themen besprechen und gemeinsam nach Lösungen für Probleme suchen.

Vor allem in der Pubertät wird dabei auch die Beziehung immer wieder neu ausgehandelt. Meist sei das Verhältnis zur Mutter von größerer Nähe geprägt als zum Vater. Eine junge Frau erzählte, sie finde es „cool“, dass ihre Mutter sie in ihrer Wohngemeinschaft besucht und sich zum Beispiel bis spät in die Nacht mit ihr und ihren Mitbewohnern unterhält. „Meinen Vater frage ich eher bei technischen Dingen, Autos oder Kontofragen… Er weiß viel weniger von mir und ich von ihm. Trotzdem ist er irgendwie knuffig auf seine Art.“ Bald werde auch eine Generation heranwachsen, die aktivere Väter hatte, „wie es seit den 1990er Jahren langsam üblich wurde“, schreibt Susanne Zehetbauer, und zitiert die Paderborner Psychologin Heike Buhl: „Möglicherweise ergänzen sich die Beraterfunktion der Väter und die größere Nähe zur Mutter.“ Diese Ergänzung könnte bei der – trotz aller wünschenswerten Nähe doch notwendigen – Ablösung der jungen Erwachsenen von ihren Eltern und bei ihrem Selbstständigwerden helfen.

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