Manche Verbrechen sind monströs. In der Nähe von Freiburg hat eine Mutter über Jahre hinweg ihren Sohn an Männer verkauft, die dem Kind schlimmste sexuelle Gewalt angetan haben. Wie ihr Lebensgefährte, offenbar die treibende Kraft bei dem abscheulichen Geschehen, wurde die Frau jetzt zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Für den Mann ordnete das Gericht zusätzlich Sicherheitsverwahrung an, so dass er auch nach Verbüßung seiner Haftstrafe erst einmal nicht freikommen wird. Der Fall brachte alle Beobachter an die Grenzen ihrer Belastbarkeit, auch den Rechtsstaat. Denn natürlich kann es hier kein Urteil geben, das so etwas wie Gerechtigkeit herstellt. Da lässt sich nichts wiedergutmachen. Entsprechend kochen in den sozialen Medien die Emotionen hoch. Das Urteil sei viel zu mild angesichts der Qualen des Jungen. Manche Schreiber fordern, dass man den Tätern selbst Gewalt antun solle. Und wenig überraschend rufen viele nach der Todesstrafe. Auch im Weißen Haus in Washington sitzt jemand, der seiner Empörung immer wieder freien Lauf lässt. Nachdem im letzten Oktober ein islamistischer Attentäter mit einem Auto in eine Menschenmenge raste und acht Menschen tötete, twitterte Donald Trump – in Großbuchstaben und mit Ausrufezeichen: „Er sollte die Todesstrafe bekommen!“
Solche drastischen Äußerungen als Reaktion auf das Böse mögen nachvollziehbar sein. Aber sie führen nicht weiter, sondern stellen einen zivilisatorischen Rückschritt dar. Die Todesstrafe wirkt erwiesenermaßen nicht abschreckend, sie befriedigt allein das Bedürfnis nach Vergeltung oder gar Rache. So schwer es ist – es gilt auszuhalten, dass sich auf Erden keine absolute Gerechtigkeit herstellen lässt. Christen werden daran denken, dass erst für die Zukunft, in der „neuen Stadt“, verheißen ist: „Gott wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen“ (Offb 20,4). Es ist kaum zu ertragen, aber auch Mörder, Vergewaltiger, Terroristen verlieren durch ihr Verbrechen nicht ihre Menschenwürde.
Deshalb ist es gut und richtig, dass Papst Franziskus jetzt zweifelsfrei die Unzulässigkeit der Todesstrafe verkündet hat. Erfreulich auch, dass er erklärt, die Kirche wolle sich weltweit für die Abschaffung dieser barbarischen Bestrafung einsetzen. Bis zuletzt hatte es im Katechismus noch geheißen, dass die Todesstrafe unter Umständen eine „angemessene Antwort“ auf besonders schwere Verbrechen sein kann. Neben der inhaltlichen Seite zeigt der Vorgang übrigens einmal mehr: Auch etwas, das die Kirche jahrhundertelang verkündet hat, kann sich ändern, muss sich manchmal auch ändern. Wenn die Kirche nicht mit den Menschen geht, entfernt sie sich von ihnen. Das gilt nicht nur für das Thema „Todesstrafe“.