Der Mensch soll sich nicht genügen lassen an einem gedachten Gott. Denn wenn der Gedanke vergeht, so vergeht auch der Gott. Man soll vielmehr einen wesenhaften Gott haben, der weit erhaben ist über die Gedanken des Menschen und aller Kreaturen.
Wer Gott so, das heißt im Sein, hat, der nimmt Gott göttlich und dem leuchtet er in allen Dingen. Denn alle Dinge schmecken ihm nach Gott, und Gottes Bild wird ihm aus allen Dingen sichtbar. In ihm glänzt Gott alle Zeit, in ihm vollziehen sich eine loslösende Abkehr und eine Einprägung seines geliebten gegenwärtigen Gottes.
Meister Eckhart (1260–1327) aus: „herzoffen“ (Echter Verlag, Würzburg 2017)