Der raue Ton in der gesellschaftlichen Debatte, der heute allenthalben beklagt wird, ist kein Phänomen der Neuzeit. Schon im Alten Rom seien die Teilnehmer an politischen Diskussionen mit großer Härte und persönlichen Angriffen aufeinander losgegangen, berichtete der Dresdner Althistoriker Martin Jehne auf dem Deutschen Historikertag. Die teils heftigen Abwertungen des Gegners sollten die Unterstützergruppe zusammenschweißen sowie für Aufmerksamkeit sorgen – und die Volksmassen empören und unterhalten. Der Ton damals sei ähnlich gewesen wie heute bei Beleidigungen im Internet.
Aber auch wenn der Ton rau war, haben für die Debatten dennoch Regeln gegolten. Politiker haben sich gegenseitig beschimpft, mussten es sich aber auch gefallen lassen, dass sie vom Volk beschimpft wurden. Dieses Verfahren in den Volksversammlungen sei als Ventil gedacht gewesen, um in der stark in Arm und Reich gespaltenen Gesellschaft Allmachtsphantasien der Elite zu begrenzen. Den Politikern sei das bewusst gewesen, daher hätten sie die Schmähungen „kaum für bare Münze“ genommen.
Jehne empfahl der heutigen Zeit „eine gewisse römische Robustheit im Umgang mit Schmähgemeinschaften wie AfD oder Pegida“. So könne der Aufregungspegel gesenkt werden und wieder mehr Sachlichkeit in die gesellschaftlichen Debatten einziehen.