Seit Jahrzehnten gehört Jörg Splett zu den ebenso bewährten wie gefragten Lehrern und Vermittlern der abendländischen Philosophie. Seine besondere Fähigkeit ist die Erschließung selbst schwierigster Sachverhalte und Gedankengänge, auch für ein breiteres Bildungs- und Akademiepublikum. Nicht wenige kennen und schätzen ihn als brillanten und leidenschaftlichen Redner. Philosophie sei „Grundreflexion natürlicher Vernunft“, allen zugänglich und möglich.
Christliche Philosophie müsse keineswegs ein „hölzernes Eisen“ sein, wie Martin Heidegger einmal meinte. Denn jedes Denken und jeder Denker hat ja auch sonst Lebensvoraussetzungen wie Geschlecht oder Nationalität, die in sein Denken einfließen. Wenn sie als solche reflektiert werden und sich also nicht unbedacht als unbegründete Vorgaben in die Argumentation einschleichen, machen sie das Denken reicher, farbiger und offener. Sie gehören also zum Entdeckungs-, nicht zum Begründungszusammenhang.
So kann auch der christliche Glaube in seiner nachweislichen Nicht-Unvernünftigkeit den Menschen tiefer zur Vernunft bringen. Dabei ist klar: Glaube ist gerade nicht zuerst eine Sache des Denkens, sondern vielmehr der Lebenspraxis und Existenz. Aber schon im biblischen Liebesgebot steht, man möge es „mit aller Vernunft“ verwirklichen. Und umgekehrt sollte seit den alten Griechen klar sein, was hier zu lernen ist: Philosophie – Liebe zur Weisheit und Weisheit der Liebe – ist Lebenskunst.
Klar in der Argumentation, stark in der Erschließung, originell in der Veranschaulichung – so greift Splett Grundfragen des Daseins (religions)philosophisch auf, spürbar aus katholischer Entschiedenheit, mit viel theologischem Wissen und im Gespräch damit. Dabei kommt ihm nicht nur sein immenses philosophiegeschichtliches Wissen zugute, sondern auch seine reiche Kenntnis von Dichtung, Kunst und Literatur. Philosophie und auch Theologie der jüngeren Gegenwart, etwa der sogenannten Postmoderne, werden dagegen – jedenfalls explizit – kaum wahrgenommen und verarbeitet.
Der Autor liebt das intellektuelle Florett. Er spitzt die Dinge scharf zu und fördert damit den Dialog, aus dem sein inspirierendes Denken selbst sich speist. Seine Verhältnisbestimmung von Philosophie und Theologie bringt diese erstaunlich eng zueinander, stärkere Kontrastierungen wären denkbar und auch nicht ohne Reiz und Nutzen. Bisweilen schleichen sich kulturpessimistische Töne ein, auch apodiktische Formulierungen, nach deren Stellenwert und Anlass zu fragen wäre.
Es ist trotzdem höchst erfreulich, dass der Autor wichtigste seiner Arbeiten hier gesammelt vorlegt und an den durchaus zukunftsweisenden Reichtum der philosophia perennis (der immerwährenden Philosophie) erinnert. Bedauerlich ist, dass Register fehlen und die anregenden Anmerkungen optisch unter akutem Mangel an „Druckerschwärze“ leiden.