Formell gesprochen, ist die Arche-Bewegung eine Gemeinschaft von Menschen mit und ohne geistige Behinderungen, die ihre gelebten Beziehungen als für beide Seiten bereichernd erfahren und die ihrerseits ein Friedenszeichen in der Welt setzen. Wir entdecken, dass wir uns verändern. Wir werden geduldiger, freundlicher, eher bereit anzunehmen und zu vergeben, freudiger. Kurz gesagt: Wir lernen zu lieben.
In der Arche-Gemeinschaft haben wir außerdem eine wunderbare Feier des Lebens, bei der Menschen Erinnerungen an den Verstorbenen aus der Gemeinschaft teilen, sich von ihm erzählen und den anderen sagen, was sie besonders vermissen werden, nachdem er nicht mehr da ist. Es ist, als würden wir ein großes Porträt der Freundschaft malen, zu dem jeder von uns etwas beiträgt. Wir lachen viel dabei, weil wir auch ganz ehrlich über lästige oder lächerliche Eigenschaften des Verstorbenen sprechen. Wir haben einen Beziehungsraum verloren, etwas von uns selbst, das sich in dieser Freundschaft offenbarte. Wenn wir diesen Raum noch einmal betrachten und dann loslassen, erleben wir einen geheimnisvollen Wachstumsprozess. Denn indem wir zusammenkommen, begegnen wir diesem Freund in einer besonders farbigen Weise, mehr als in der einzelnen Begegnung. Wir sehen unseren Freund vielleicht ein bisschen so, wie Gott ihn kennt. Das Leben wird durch den Tod nicht kleiner, es weitet sich.
Jean Vanier (in: „Von Liebe, Hoffnung und den letzten Dingen“, Freiburg 2017)