Das Reich Gottes steht im Mittelpunkt des Lieblingsgebets Jesu, und es ist mehr als die Artikulation einer Hoffnung. „Vater im Himmel, dein Reich“, genauer: „dein Königreich komme“ (Mt 6,9f). Dieses Reich ist für ihn bereits eine Realität. Das ist der „Gebetsglaube“ Jesu: „Wer bittet, der empfängt, wer anklopft, dem wird geöffnet“ (Mt 7,8).
Das Gebet führt seine Wunder gleichsam mit sich. Es ist nicht die Erfüllung der Wünsche, mit denen Gott bedrängt wird, der dann immer regelmäßiger als Versager-Gott abgeschrieben zu werden pflegt. Vielmehr ist das Gebet die Findung der Wünsche, die in der Reich-Gottes-Ordnung erbeten zu werden verdienen und so diese Ordnung überhaupt erst begründen. Dieses Gebet, sagte der Religionsphilosoph Franz Rosenzweig, „stiftet die menschliche Weltordnung“, das Reich Gottes.
Tiemo Rainer Peters in: „Entleerte Geheimnisse“ (Matthias Grünewald, Ostfildern 2017)