Der Osnabrücker Islam-Experte Bülent Uçar hat die Muslime in Deutschland aufgefordert, ihre Religion zu erläutern und zu verteidigen. Muslime stünden in der Verantwortung, ihre Positionen öffentlich darzulegen und zu erklären, „wie sie persönlich ihren Glauben verstehen und leben“. Studien zeigten, dass viele Deutsche, die politisch nicht rechtsaußen zu verorten seien, Angst vor dem Islam hätten. „Deshalb sind selbst laienhafte theologische Dispute besser als Stillschweigen.“ Einige muslimische Institutionen lebten jedoch fernab der Realität und entzögen sich jedem öffentlichen Diskurs, so Uçar. Ihnen fehlten sprachliche Grundkompetenzen, oder sie verstünden sich als Heimatvereine. Teile der Gesellschaft stellten unterdessen das Existenzrecht von Muslimen infrage. Das zeige, wie fragil die freiheitlich-demokratische Grundordnung sei.
Diskussionen über die Vielfalt und die Weiterentwicklung theologischer Lehrmeinungen sollten nach den Worten Uçars künftig vermehrt auch in den Moscheegemeinden geführt werden. Der Islam sei in Europa viel stärker als in islamisch geprägten Ländern einem Modernisierungsdruck ausgesetzt. Gleichzeitig spürten viele Muslime die schwere Last der Tradition und hätten Angst, sich zu sehr anzubiedern. In der Begegnung mit der Moderne hätten sie es versäumt, „in den Räumen zu lüften. Jetzt sind sie verunsichert und schwanken zwischen den Extremen, die Fenster weit aufzureißen oder ganz geschlossen zu halten“, sagte der Experte. Differenzen innerhalb der islamischen Theologie müssten jedoch ausgetragen werden. „Wer die überzeugenderen Argumente hat, der wird sich theologisch durchsetzen.“