Wenn eine muslimische Frau sich von ihren kulturellen Traditionen befreit, einen modernen, emanzipierten Lebensstil pflegt und deshalb von Familienangehörigen wegen verletzter Ehre umgebracht wird, ist das Entsetzen einer breiten Öffentlichkeit groß. Sogenannte Ehrenmorde rufen als abscheuliche Verbrechen über Monate hinweg auf allen Medienkanälen bis hin zur bundesrepublikanischen Unterhaltungsprominenz heftigste Reaktionen hervor.
Weitaus weniger Empörung gibt es, wenn eine Muslimin sich von ihrem bisherigen Glauben zum Christentum hin befreit und dafür von einem anderen Muslim umgebracht wird. Vor dem Landgericht Traunstein wird momentan die Ermordung der 38-jährigen vierfachen Mutter Farima S. aus Afghanistan verhandelt. Sie war im letzten Jahr vor den Augen ihrer Kinder in Prien am Chiemsee von einem dreißigjährigen Landsmann erstochen worden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Hamidullah M., der mit dem Opfer weder verwandt noch verschwägert ist, Farima S. tötete, weil sie zum Christentum übergetreten war und versucht habe, ihn ebenfalls vom Christentum zu überzeugen. Laut „Spiegel online“ war Farima S. in Prien integriert und „seit Jahren in der evangelischen Kirche aktiv“. Das Opfer und der mutmaßliche Täter lebten im oberbayerischen Kurort. „Beide waren vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat nach Deutschland geflohen – beide jedoch offenbar mit unterschiedlichen Vorstellungen von ihrem Leben hier.“
Hamidullah M., der angeblich in seiner Heimat Familienangehörige durch Bluttaten verloren hat, hielt sich seit 2013 in Bayern auf. Die Polizei schloss eine islamische „Radikalisierung“ aus. Ende 2016 erhielt er einen Ablehnungsbescheid, verlor seinen Job als Hilfsarbeiter und wurde daraufhin mehrfach psychiatrisch behandelt. Bei Redaktionsschluss dauerte der Prozess noch an.