Bei der Frage der Zulassung verheirateter Männer zum geistlichen Amt verweisen europäische Bischöfe gern darauf, dass eine derartige Entscheidung einzig der Vatikan treffen könne. Nun hat einer der leitenden Kardinäle im Vatikan, Beniamino Stella, Präfekt der Kleruskongregation, die für die Priester zuständig ist, in einem Interviewbuch in Italien die Zulassung verheirateter bewährter Männer zur Priesterweihe, sogenannte Viri probati, angeregt. In dem Band „Tutti gli uomini di Francesco“ (Alle Männer von Franziskus) empfiehlt er, diese Möglichkeit angesichts des Priestermangels in weiten Teilen der katholischen Kirche und angesichts eines „sakramentalen Notstands“ in manchen Weltgegenden „offen und ohne Engstirnigkeit“ näher in Betracht zu ziehen. Er befürwortet die Weihe vor allem älterer verheirateter Männer.
Kardinal Stella erinnerte daran, dass Papst Franziskus selber die Ortskirchen dazu aufgerufen hatte, über eine etwaige Änderung der Zulassungsbedingungen nachzudenken. Zugleich betonte Stella, dass nicht daran gedacht sei, den Zölibat für Diözesangeistliche grundsätzlich abzuschaffen. Darüber hinaus sei es aber an der Zeit, über den Einsatz von „Teilzeitpriestern“ nachzudenken, die einem zivilen Beruf nachgehen und sonntags der Eucharistie vorstehen. Bei Redaktionsschluss hatte sich zu diesem konstruktiven Vorschlag noch kein europäischer Bischof öffentlich geäußert, den „Aufschlag“ aus Rom nicht wirklich angenommen. Das irritiert! Warum machen sich die europäischen Bischofskonferenzen jetzt nicht offensiv und gemeinsam stark für Reformen, statt die katholische Kirche auf das Abstellgleis einer nichtsakramentalen katholischen Freikirche zu manövrieren? Der Kardinals-Ratschlag könnte womöglich den Weg öffnen für einen echten Ausweg aus Priestermangel und sakramentalem Notstand. Allerdings brauchen die Pfarreien nicht nur ältere Priester, sondern vor allem für die jüngere Generation auch junge Geistliche.