Einen Gott, der von Ewigkeit zu Ewigkeit im Himmel thront und zeitlos und absolut ist, kann man sich selbst denken. Aber einen „Gott der Hoffnung“ (Röm 15,13), der vor uns ist und uns in der Geschichte vorangeht, gibt es nur bei den Propheten und Aposteln der Bibel. In der Offenbarung wird dieser Gott als der, der da „ist“ und der da „war“ und der da „kommt“ bezeichnet (Offb 1,4). Man erwartet, dass es im dritten Glied heißt: „der da sein wird“, aber das Werden der Zeiten wird durch das „Kommen Gottes“ ersetzt. Der kommende Gott wird Himmel und Erde mit seiner Herrlichkeit wie ein Sonnenaufgang am Morgen erfüllen (Jes 60,1f). Der „Herr“ Israels und Jesu Christi ist schon in dem „weiten Raum“ der Zukunft und lockt durch das prophetische Wort des Evangeliums die Seinen in die Fülle seines Lebens. Die „Kräfte der zukünftigen Welt“ (Hebr 6,5) strömen schon in die Hoffenden ein und machen sie an Leib und Seele lebendig.
Das ist der Gott des Exodus Israels aus der Gefangenschaft in das verheißene Land der Freiheit. Er zieht als „der Herr“ seinem Volk auf der langen Wüstenwanderung in der Wolkensäule bei Tage und der Feuersäule bei Nacht voran. Das ist der Gott der Auferstehung Jesu Christi. Er führt die Seinen im Feuer und Sturmwind des Heiligen Geistes in das Reich Gottes und erweckt sie schon hier zu neuem Leben. Dieser Gott kommt uns aus seiner Zukunft entgegen. Im verheißenen Land der Freiheit will er bei seinem Volk „wohnen“. In der Neuschöpfung aller Dinge will er bei allen Menschen „wohnen“.
Jürgen Moltmann in: „Über Geduld, Barmherzigkeit und Solidarität“ (Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2018)