Kurz vor den Stichwahlen um das Präsidentenamt in Brasilien an diesem Sonntag hat sich der argentinische Bürgerrechtler und Friedensnobelpreisträger Adolfo Pérez Esquivel dafür ausgesprochen, dass die katholische Kirchenleitung ihre Stimme gegen den rechtspopulistischen Kandidaten Jair Bolsonaro erhebt: Wenn dieser gewählt würde – Umfragen zufolge liegt Bolsonaro weit vor seinem Herausforderer Fernando Haddad –, wäre das „eine große Gefahr“ nicht nur für das Land, sondern für den gesamten Kontinent, ist Pérez überzeugt. Bolsonaro bezeichnet sich zwar als Katholik, doch ließ er sich 2016 medienwirksam von einem evangelikalen Pastor im Jordan taufen.
Einflussreiche Vertreter der evangelikalen Kirchen haben derweil klar Stellung zugunsten Bolsonaros bezogen, darunter der prominente Pastor Silas Malafaia. Edir Macedo, Gründer der „Universalkirche vom Reich Gottes“, stellte Bolsonaro seinen Sender „TV Record“ als Plattform für Exklusivauftritte zur Verfügung.
Die katholische Wählerschaft, die zwei Drittel der Bevölkerung ausmacht, ist in ihrer politischen Ausrichtung nicht einheitlich, die evangelikalen Christen tendieren traditionell zur konservativen Position. Francisco Borba Nieto, Religionswissenschaftler an der katholischen Universität São Paulo, erläuterte: „Der katholische Diskurs zielt sowohl auf die soziale Frage – also die Rechte der Armen – wie auch auf traditionelle Moralwerte, während sich der Diskurs der Evangelikalen einzig auf die Moral konzentriert.“