Dass die Kirche im Skandal des sexuellen Kindesmissbrauchs vielfach den Schutz der Institution höher gewichten konnte als den Schutz der Opfer, offenbart für den in Fribourg lehrenden Moraltheologen Daniel Bogner Grenzen des deutschen Staatskirchenrechts. Das Modell gehe von einem Vertrauensvorschuss zugunsten der Glaubensgemeinschaften aus. Ihnen wurde, historisch bedingt angesichts der geistigen Katastrophe des Nationalsozialismus, ein weitreichender Gestaltungsfreiraum gegeben. Wenn die Kirche diesem Vertrauensvorschuss aber nicht gerecht wird, „ist der Staat gefordert“. Schließlich sei er Grundrechtsgarant, erklärte Bogner im „Deutschlandfunk“. Es sei etwa daran zu denken, dass Staatsanwaltschaften kirchliche Strukturen untersuchen, anstatt auf den Reformwillen der Kirche zu bauen.
Bogner gab zu bedenken, dass es einen „toten Winkel“ aufseiten des Staates gebe, „weil natürlich die Politik auch ein Interesse am Großakteur Kirchen hat, weil die Kirchen Träger vieler Sozialeinrichtungen sind.“ Die Verantwortlichen in der Politik wollten es sich deshalb „nicht verscherzen mit den Kirchen“.