Der Ökumenische Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel hat sich anscheinend als patriotischer Staatsbürger der Türkei bekennen wollen, als er in der Tageszeitung „Hürriyet“ den Krieg gegen die Kurden im Norden Syriens befürwortete. Sehr befremdlich ist, von einem christlichen Religionsführer zu lesen, die Weltöffentlichkeit stehe hinter der „entschlossenen Haltung von Präsident Recep Tayyip Erdogan in seinem Kampf gegen den Terror“. Die orthodoxe Kirche bete um den Erfolg der militärischen Operation „Olivenzweig“. „Wir bitten Gott darum, dass die türkischen Streitkräfte ihr Ziel erreichen“, so der Patriarch.
Die Patriarchatsverwaltung wies darauf hin, dass auch andere Führer religiöser Minderheiten in der Türkei eine solche Solidaritätsbekundung abgegeben hätten. Zu den genauen Umständen und dem Zustandekommen der öffentlichen Erklärung könne man sich aber nicht äußern. Bisher hatte Patriarch Bartholomaios I. dem Druck aus Ankara, den Staatspräsidenten politisch zu unterstützen, stets widerstanden und eine pazifistische Haltung vertreten. Das Problem ist, dass die islamische türkische Regierung die wenigen Orthodoxen auf ihrem Staatsgebiet eher geringschätzig behandelt. Die türkische Führung betrachtet Bartholomaios bloß als ein bischöfliches Oberhaupt der winzigen türkischen orthodoxen Minderheit und leugnet den historischen geistlichen Anspruch, als Ökumenischer Patriarch übernational das Ehrenoberhaupt aller orthodoxen Christen zu sein. Vor etlichen Jahren hatte Staatspräsident Erdogan einige positive Signale an die Christen gesandt. Zum Beispiel hatte er mehrmals die Wiedereröffnung des orthodoxen Priesterseminars auf der Insel Chalki in Aussicht gestellt. Es war 1971 von Ankara geschlossen worden, weil – so die Begründung – eine private christliche Hochschule nicht geduldet werde. Womöglich ist die irritierende Stellungnahme des Ökumenischen Patriarchen von der Hoffnung geleitet, man könne die Regierung gegenüber den Anliegen der Christen in der Türkei freundlich stimmen.