In den letzten zwanzig Jahren hat die Verfolgung von Christen in vielen Weltregionen drastisch zugenommen. Daher sieht der zwischen den Unionsparteien und den Sozialdemokraten ausgehandelte Koalitionsvertrag vor, einen Beauftragten der Bundesregierung eigens für Religionsfreiheit einzusetzen. „Wir messen diesem Amt höchste Bedeutung zu“, sagte der Vorstandssprecher der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte, Martin Lessenthin, dem Evangelischen Pressedienst.
Der Beauftragte soll das öffentliche Bewusstsein für diese besondere menschenrechtliche Problemlage sensibilisieren und darauf hinwirken, dass die künftige Bundesregierung und die Europäische Union sich besser für die Opfer religiös motivierter Unterdrückung und Verfolgung einsetzen, vor allem für die Christen, die von einem extremistischen Islam schwer bedrängt, an Leib und Leben bedroht sind. Das Problem sei zu lange von der Politik, aber auch von den Kirchenleitungen verkannt worden.
Nach Lessenthins Einschätzung hatten die Kirchen für den christlich-islamischen Dialog über Glaubensfragen zu oft den falschen Ansprechpartner gesucht. Zum Beispiel wurde mit politischen Funktionären und Lobbyisten der für die Muslime überhaupt nicht repräsentativen Islamverbände geredet, mit Nichttheologen statt mit der muslimischen Geistlichkeit, den in Deutschland tätigen Imamen. Bei einer christlich-islamischen Veranstaltung im Mainzer Dom sei vor einigen Jahren dem damaligen Vorsitzenden des Zentralrats des Muslime, der jedoch nur eine winzige Minderheit der Muslime vertritt, die Kanzel angeboten worden, obwohl er unter anderem ein modernes Verständnis der Frauenrechte ablehnte. Auch die evangelische Kirche habe zu lange versäumt, die gravierenden Probleme zu thematisieren. „Erst unter Bischof Wolfgang Huber nahm sie die Christenverfolgung ernst. Davor war auch von den Protestanten in dieser Hinsicht wenig Engagement zu erwarten.“